Online löste im Jahr 2021 das Fernsehen als meinungsmächtigste Mediengattung ab, während Print noch hinter Radio und Social Media ans Ende des Gattungsrankings abrutscht.
Das ist das Hauptergebnis des am Dienstag veröffentlichten Medienmonitors 2021.
Auf der Ebene der Angebote zeigt die im Auftrag des Bundesamts für Kommunikation von Publicom durchgeführte Untersuchung, dass viele, vor allem regionale Marken immer stärker online statt auf Papier genutzt werden.
Aber auch reine Onlinemarken, wie watson.ch und die Online-Angebote der SRG SSR, gewinnen für die Meinungsbildung an Bedeutung.
Die Verschiebung der Kräfteverhältnisse ist deutlich: Die Mehrzahl der bisher meinungsmächtigsten Medienmarken (wie zum Beispiel «20 Minuten», SRF 1 oder Facebook) muss bei der Meinungsmacht Einbussen hinnehmen.
Die Konzentration an Meinungsmacht hat im Jahresvergleich abgenommen. «In allen 18 Räumen ist eine relativ grosse Zahl unterschiedlicher Angebote zugänglich», schreiben die Studienmacher. Die Meinungsvielfalt sei intakt, könnte man also meinen.
Allerdings garantiert eine grosse Vielfalt an Medienmarken alleine noch keine Meinungsvielfalt. Denn viele Medienhäuser bedienen mehrere Medienmarken aus den gleichen Redaktionen. Mantel-Zeitungen und Mehrfachverwertung sind die Folge. Dadurch können sie zwar einen Teil der Fixkosten auf eine grössere Stückzahl verteilen; sie beeinträchtigen damit aber die inhaltliche Vielfalt.
«Markenkombinationen können bei konsequenter Umsetzung dieser Potenziale eine beträchtliche Meinungsmacht entfalten, welche die Einzelmarken bei Weitem übertrifft», hält der Medienmonitor 2021 fest. Das mit Abstand grösste Markensystem führe die SRG mit ihren deutschsprachigen Angeboten (SRF). Dahinter folgen die Kombinationen von Meta, «20 Minuten», RTS, Radio und TV von CH Media und die Deutschschweizer Printmarken-Systeme der TX Group sowie CH Media.
So gesehen ist der Konzentrationsgrad in den 18 Schweizer Märkten im Vergleich zur Messung von Einzelmarken um das Doppelte bis Dreifache höher.
Wirklich problematisch halten diese die Forscher aber noch nicht. «Über die Zeit betrachtet zeigen sich allerdings mehrheitlich abnehmende Konzentrationstendenzen, und anders als 2020 wird im Berichtsjahr in keinem der untersuchten 18 Gebiete eine mässige, als leicht problematisch zu wertende Marktkonzentration erreicht.»
Im Schweizer Medienmarkt operieren zehn grössere Medienkonzerne und zahlreiche Kleine. Die klar grösste Meinungsmacht hat die SRG inne, mit einem Anteil von 27 Prozent. Die TX Group, die Nummer 2, erreicht 14 Prozent. Der Einfluss der beiden grössten Medienhäuser ist damit 2021 zusammengenommen um 4 Prozent zurückgegangen.
Dahinter folgen der US-Gigant Meta und CH Media, beide mit 8 Prozent am nationalen Meinungsmarkt, sowie Ringier, das mit 4 Prozent gegenüber 2020 zwei Prozentpunkte an Meinungsmacht verloren hat. Die übrigen Konzerne (NZZ-Mediengruppe, AZ Medien, Gruppo Corriere del Ticino, Somedia und ESH Médias) liegen nochmals deutlich zurück.
Die 10 grössten Konzerne kontrollieren zusammen 100 der 172 Marken im Medienmonitor Schweiz, die restlichen 72 gehören diversen Eigentümern.
Ähnlich den Markensystemen können auch Medienhäuser die Meinungsvielfalt beeinträchtigen. «Neben der zentralen Produktion von Inhalten besteht die Gefahr, dass Konzerne zusätzlich angebotsübergreifende redaktionelle Vorgaben durchsetzen, um in der Berichterstattung beispielsweise einer bestimmten Richtung und Tonalität zum Durchbruch zu verhelfen», warnen die Studienautoren.
Allerdings geht die Ballung von Meinungsmacht bei den grossen Medienkonzernen zurück: Fünf der untersuchten 18 Medienmärkte galten laut Medienmonitor im Jahr 2021 als «mässig konzentriert». 2020 waren es noch acht Märkte.
Am geballtesten ist es in den Hochalpen. Auch in der italienischen Schweiz, den Medienräumen Ticino und St. Gallen und Genève liegt die Konzentration aber über dem Durchschnitt.