Der Ständerat will die Medienförderung besser in der Bundesverfassung verankern. Mit 24 zu 16 Stimmen unterstützte der Rat den umstrittenen Vorstoss von Filippo Lombardi. Demnach soll Artikel 93 über «Radio und Fernsehen» zu einem technologieneutralen «Medien-Artikel» erweitert werden.
Vor allem wegen dem zweiten Absatz steht Artikel 93 der Bundesverfassung immer mal wieder im Zentrum medienpolitischer und medienrechtlicher Diskussionen. Dort werden «andere Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung» genannt.
Was ist damit genau gemeint? Auch, dass man sich zum Beispiel auf die Subventionierung der Online-Medien abstützt? So sieht es zumindest das Massnahmenpaket zum Ausbau der Presse- und Online-Förderung, über welches das Parlament in der Frühlingssession weiter debattieren wird.
Unbestritten dagegen ist, dass der «Radio und Fernsehen»-Artikel der Bundesverfassung die Presse nicht abdeckt. Dies sei «angesichts der heutigen Verschmelzung von Medienvektoren nicht mehr zeitgemäss», argumentierte alt CVP-Ständerat und Chef von Kommunikation Schweiz, Filippo Lombardi, als er vor zwei Jahren die parlamentarische Initiative «Medien in die Bundesverfassung» lancierte.
Dieser hat der Ständerat am Dienstag nun Folge geleistet. Angesichts der Umwälzungen bei den Technologien, auf dem Medienmarkt, aber auch beim Berufsbild der Journalisten brauche die staatliche Medienförderung eine neue Verfassungsgrundlage, rapportierte CVP-Ständerat Stefan Engler die Meinung der Mehrheit der Fernmeldekommission.
«Riesige Debatte, die Presse, riesige Debatte», übernahm der Waadtländer FDP-Politiker Olivier Français das Wort. Lombardis Vorschlag bedrohe die Pressefreiheit. Denn die Unterstützung von Radio und Fernsehen werde bekanntlich durch strenge Rahmenbedingungen geregelt.
Durch den vorgeschlagenen Medien-Artikel «könnte die Presse daher denselben Einschränkungen und Bedingungen ausgesetzt sein» und ihre Veröffentlichungen würden womöglich einer Kontrolle unterworfen.
Ausserdem sei eine Verfassungsänderung auch gar nicht nötig. Die Presseförderung via Post-Gesetz funktioniere ja bestens, so der FDP-Ständerat.
Den Vertrieb von Papierzeitungen zu unterstützen, sei «leider keine Vision für die Zukunft», sagte Grüne-Politikerin Lisa Mazzone. Die Online-Förderung, wie sie derzeit diskutiert wird, könne kurzfristig Abhilfe schaffen. Langfristig aber brauche es mehr.
«Die derzeitige Situation in der französischsprachigen Schweiz ist fast ein Ruinenfeld. Wir haben wirklich kaum noch Titel. Sie fusionieren, sie haben ähnliche Inhalte», so die Politikerin aus Genf.
SP-Ständerat Paul Rechsteiner machte darauf aufmerksam, dass der Textvorschlag zum Teil eins zu eins die heutige Formulierung von Artikel 93 über Radio und Fernsehen übernehme. «Was Kollege Lombardi hier vorgeschlagen hatte, kann nicht unbedingt der Massstab dessen sein, was passen würde für sämtliche Medien.»
Aber das liesse sich dann ja überarbeiten. So oder so würden die Bestimmungen über die Medienfreiheit in Artikel 17 erhalten bleiben, so Rechsteiner.
CVP-Ständerat Beat Rieder empfände es als «nicht ganz ehrlich», Artikel 93 zu belassen, wie er ist, und dann zu versuchen, «über eine sehr sehr grosszügige Interpretation dieser Verfassungsgrundlage Presseunterstützung zu leisten».
«Sie können aber auch etwas ganz anderes machen und sagen, wir brauchen keine Presseunterstützung. Dann streichen Sie doch Artikel 93 der Bundesverfassung. Das wäre dann ehrlicher und wir sagen, wir überlassen das dem Markt. Als Oberwalliser mit dem ‚Walliser Boten‘ könnte ich damit noch leben», sagte der CVP-Politiker am Dienstagvormittag im Plenum.
Die Frage sei dann jedoch, wie lange die Zeitung dann noch unabhängig bleibe. Der Konzentrationsprozess sei offensichtlich. «Die Freiheit der Presse in einer einzigen oder in zwei Händen ist keine Pressefreiheit mehr. Das ist ein Diktat.»
Der Ball liegt nun beim Nationalrat. Die Fernmeldekommission des Nationalrats war der Initiative am 3. September 2019 mit 15 zu 7 Stimmen nicht gefolgt. Das war allerdings noch vor den Parlamentswahlen.