Anstatt «Wie hast du’s mit der Religion?» heisst es vielleicht bald wieder «Wie hast du’s mit den SRG-Gebühren?». Denn die Schweizerische Volkspartei (SVP) plant, eine neue Volksinitiative gegen das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) zu lancieren.
Für SP-Politikerin Jacqueline Badran ist das eine «absolut unverschämte Einmischung in die Unabhängigkeit der SRG». Redaktor Jonathan Progin und Chefredaktorin Ursula Klein haben bei Jacqueline Badran nachgefragt.
Einmal mehr ist die SVP nicht zufrieden mit der politischen Berichterstattung des aus ihrer Sicht staatsnahen Senders: «Seit dem Nein zu ‚No Billag’ ist der Linksdrall bei SRF nur noch schlimmer geworden», meinte Thomas Matter, SVP-Nationalrat, im «SonntagsBlick». Matter liess durchblicken, dass bereits erste Gespräche über die Volksinitiative im Parteileitungsausschuss stattgefunden hätten.
Ein Auslöser war die SRF-Talksendung «Club» vom 1. Juni, in der die Gäste über das Scheitern des Rahmenabkommens mit der EU diskutierten. Eingeladen waren Alfred Gantner, Unternehmer und Initiant der Gruppe Kompass/Europa, Jacqueline Badran, SP-Nationalrätin, Unternehmerin und VR-Präsidentin ihrer eigenen IT-Firma Zeix AG.
Weiter in der Runde sassen Christa Markwalder, FDP-Nationalrätin und Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Aussenpolitik, und Thomas Cottier, emeritierter Professor für Europa-/Wirtschaftsvölkerrecht.
Nicht dabei war die SVP, die sich als Siegerin der gescheiterten Verhandlungen sieht. Das hat das Fass zum Überlaufen gebracht: Als Reaktion beschwerte sich die grösste Partei des Landes bei der Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI). Zudem drohte die rechts-konservative Partei mit «politischen Schritten», wie sie in einer Mitteilung nach der «Club»-Sendung schrieb.
Der Klein Report hat bei «Club»-Teilnehmerin Jacqueline Badran nachgefragt, ob sie die Nichteinladung der SVP verstehe: «Ich verstehe den Entscheid vollständig. Die Position der SVP war ja hinlänglich klar», antwortete Badran.
«Was hätte denn der Beitrag der SVP an so einer Runde sein sollen?», fügte sie an. «Es waren und sind vor allem von den Bundesratsparteien die FDP, die SP und die CVP, die in dieser Frage zumindest akzentuiert innerhalb der Partei verschiedene Haltungen zum Institutionelle Abkommen hatten», führte Badran aus.
Und die pointierte SP-Nationalrätin doppelte nach: «Bei der SVP war immer klar: Egal, was ihr bringt, wir unterschreiben nichts», sagte die Nationalrätin dem Klein Report. Sie verstehe, dass man deshalb zwei aus den Bundesratsparteien, die ebendiese Ambivalenz vertreten, einen Unternehmer und einen Vertreter der Wissenschaft eingeladen habe. Das seien gleichzeitig zwei Befürworter und zwei Skeptiker des Rahmenabkommens, führte Badran gegenüber dem Klein Report ihre Sicht der Dinge weiter aus.
Auf die Frage, ob sie die Reaktion der SVP nachvollziehen könne, sagte Badran: «Nein überhaupt nicht. In der Regel kann die SVP husten, und es gibt gleich eine ‚Arena‘ oder einen ‚10vor10‘-Beitrag. Die SVP kommt überdurchschnittlich vor, ihr Framing wird oft übernommen, und ihre Themen kommen nachweislich häufiger in den Politsendungen vor.»
Die nun geplante SVP-Volksinitiative gegen SRF hat zum Ziel, entweder die Gebühren auf 200 Franken pro Jahr zu senken oder die personelle Zusammensetzung der Redaktionen so zu ändern, dass sie die politische Landschaft der Schweiz aus Sicht der SVP besser abbildet.
Zum Inhalt der Initiative meinte Jacqueline Badran: «Das erste (Anm. d. Red.: Senkung der Gebühren) ist schon lange auf der Agenda der Rechten und würde das Ende der SRG wie wir sie kennen bedeuten; vor allem das Ende der hohen Reichweiten und der Lagerfeuerfunktion der SRG.» Das wiederum würde aus Sicht der SP-Politikerin die Reichweite und Aufmerksamkeit verschieben – und zwar hin in die Richtung, die die SVP besser kontrollieren könne, ergänzte sie.
«Das zweite ist eine Meinungskontrolle und eine absolut unverschämte Einmischung in die Unabhängigkeit der SRG. So geht Gewaltentrennung nicht.»
Die geplante Initiative, die drei Jahre nach dem Nein zur «No Billag»-Abstimmung ins Spiel gebracht werde, sei weder anständig noch legitim, erzürnte sich Badran. Zum Punkt «anständig» fügte sie an: «Man hält, sofern man die direkte Demokratie respektiert, mindestens fünf Jahre Anstandsabstand.»
Zum Punkt «legitim» führte Badran einerseits aus: «SRF leidet seit Jahrzehnten unter dem SVP-Bashing. Es zeigt, ohne dass es das merkt, die SVP in einem deutlich besseren Licht und vermeidet substanzielle Kritik an der SVP. Folglich ist eine solche Initiative nicht legitim, weil sie falsch ist.»
Und andererseits, so Badran weiter, solle man in Zeiten, in denen die Qualität des Journalismus aus strukturellen Gründen im Sinkflug sei und Milliarden an Einnahmen abwanderten, das einzige öffentliche Medienhaus im Eigentum der Bevölkerung stärken und nicht schwächen. «Also nein, es ist weder anständig noch legitim», meinte die Politikerin.
Badran hatte Anfang Mai selbst noch für Schlagezeilen gesorgt, als sie in der «Schweiz am Wochenende» ihre Kandidatur für den Zürcher Stadtrat zurückzog. Etwas aufgeblasen formulierte die Zeitung von Peter Wanner, dass Badran ein neues linkes Medium lancieren wolle. Im Nachgang stellte sich heraus, dass Jacqueline Badran ein neues Kommunikationsportal der SP Schweiz meinte, wie sie der «NZZ am Sonntag» sagte.
Was ist aus dieser Idee geworden? Oder anders gefragt: Was ist aus diesem Projekt geworden? Das wollte der Klein Report wissen. «Wir werden diese Idee ganz sicher weitertreiben: Wir – die SP – brauchen einen eigenen kritischen Kanal. Wir werden überrollt von grotesken Binsenfalschheiten, Auslassungen, Verseichtung und Propaganda. In gewissen Regionen muss die SP überhaupt aufpassen, dass sie noch vorkommt in der Berichterstattung.»
Badran begründet das folgendermassen: «Die NZZ ist FDP. Verleger Peter Wanner von CH Media mit ihrem Monopol in Ost-, Innerschweiz und Mittelland ist aktives Mitglied der FDP. Verleger Hanspeter Lebrument – Monopol in der Südostschweiz – aktives FDP-Mitglied», zählt sie auf.
«Tamedia wird gerade zum reinen Werbekonzern umgebaut, wo linksliberaler kritischer Journalismus unerwünscht ist. Bleibt nur noch der ‚Blick‘. Und die SRG als Monopolbreaker. Die allenfalls linken Medien, die es gibt, sind keine Reichweitenmedien. Die reichweitenstarken Gratis-Lokalblätter gehören Herrn Blocher», fügte sie an.
«Unser Projekt ist die Antwort auf Medienkonzentration und Rechtsdrift beim geschriebenen Wort: Es zielt nicht darauf ab, irgendein anderes Medium zu schwächen und die Vielfalt einzuschränken (oder abzustrafen), wie die SVP das will, sondern im Gegenteil die Medienlandschaft in ihrer Vielfältigkeit zu stärken.»