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Montag
23.01.2023

Medien / Publizistik

Die grünliberale Politikerin hat eine Vision: «Ich bezahle eine monatliche Gebühr und habe alle Medien auf meiner App und kann sie in ‚Playlists‘ zusammenstellen.» (Bild zVg)

Die grünliberale Politikerin hat eine Vision: «Ich bezahle eine monatliche Gebühr und habe alle Medien auf meiner App und kann sie in ‚Playlists‘ zusammenstellen.» (Bild zVg)

«Technologieneutral» ist das Zauberwort, um das herum die Eidgenössische Medienkommission (Emek) die Medienförderung auf neue Füsse stellen will. 

Der Klein Report hat bei mehreren Mitgliedern der Fernmeldekommissionen von National- und Ständerat nachgefragt, wie sie die Zukunft der Medienförderung sehen und was sie von den Emek-Ideen halten. Nach Jon Pult nimmt im zweiten Teil der Serie nun die grünliberale Nationalrätin Katja Christ aus Basel-Stadt Stellung.

Eine Serie von Redaktor Simon Wenger und Chefredaktorin Ursula Klein.

Dass die Emek die unterschiedlichen Mediengattungen gleichbehandeln will, findet Christ «absolut richtig». «Der Wert eines Medieninhalts ist nicht davon abhängig, über welchen Kanal, über welche Plattform oder Technologie dieser uns übermittelt wird. Wichtig für uns ist grundsätzlich, dass Medieninhalt überhaupt produziert wird.» 

Und je offener wir allen Technologien und Kanälen gegenüberstünden, desto wahrscheinlicher sei auch der Erhalt oder gar Ausbau einer Medienvielfalt mit kleineren regionalen, aber auch grösseren Medienhäusern. Ausserdem könne man nie wissen, «welche Technologien noch entwickelt und sich künftig durchsetzen werden». 

Keinen Zweifel lässt die Nationalrätin daran, dass eine politisch neutrale Vergabe der Förderfranken möglich sei. Eine Medienförderung müsse für alle gleich zur Verfügung stehen. 

Auf Umsetzungsideen angesprochen, sagt Katja Christ: «Möglich wäre die Entwicklung einer Art Akkreditierung, welche bei der formellen Erfüllung gewisser Voraussetzungen gewährleistet werden müsste. Es darf keinesfalls eine inhaltliche Kontrolle geben, somit ist eine Vergabe dann wohl auch immer politisch neutral.»

Kein Jahr ist vergangen, seit das Medienpaket inklusive Onlineförderung an der Urne gescheitert ist – und schon bringt die Emek mit ihrem «technologieneutralen» Vorschlag wieder eine Onlineförderung in Spiel. 

Eine Missachtung des Volkswillens ist das für Katja Christ nicht. Denn die Bevölkerung «war wohl weder grundsätzlich gegen eine staatliche Medienförderung noch gegen eine Förderung von Onlinemedien. Wohl eher war sie gegen den massiven Ausbau der indirekten Presseförderung und damit der Förderung der grossen Medienhäuser.»

Sie gesteht aber auch ein, dass niemand sagen könne, woran genau das Medienpaket gescheitert sei. «Grundsätzlich eine Ablehnung gegen die Förderung von Onlinemedien darin zu sehen, scheint mir jedoch falsch.»

Neuland betritt die Emek auch mit ihrer Forderung nach Steuererleichterungen für Medienhäuser. Zwar profitieren diese bereits heute beim Verkauf ihrer Print- und Onlineprodukte von einem reduzierten Mehrwertsteuersatz. Die Emek sieht darin sogar die «finanziell weitaus bedeutendste Fördermassnahme für die Presse», wie aus dem kürzlich veröffentlichten Bericht «Zukunft der Schweizer Medienförderung» hervorgeht. 

Die ökonomische Forschung zeige allerdings – so die Emek weiter –, «dass Steuerabzüge für die Kosten der journalistischen Produktion besser geeignet sind als der reduzierte Mehrwertsteuersatz, um Anreize für höhere Investitionen in den Journalismus zu setzen».

«Grundsätzlich verschliesse ich mich keinem Ansatz, auch nicht einem fiskalischen Förderansatz. Um dies aber abschliessend beurteilen zu können, müssten mir Zahlen zugrunde liegen und ich müsste wissen, wer davon wie profitieren kann und ob diese Art der Medienförderung die beste ist.»

Offen ist die grünliberale Politikerin auch gegenüber einer Überprüfung, was der mediale Service public vonseiten der SRG genau beinhalten soll. So kritisiert zum Beispiel der Verband Schweizer Privatfernsehen die Gebührenfinanzierung von Unterhaltung und Sportübertragungen als «nicht mehr zeitgemäss». Unterhaltung und Sport könnten genauso gut auch von privaten Anbietern erbracht werden; der Service public sei auf Information zu begrenzen. 

«Die Forderung ist durchaus prüfenswert. Grundsätzlich bin ich auch der Ansicht, dass Service public immer heissen soll: ‚so wenig wie möglich, so viel wie nötig‘. Wir sollten den privaten Markt dort spielen lassen, wo er spielt, und nur dort eingreifen, wo er das nicht tut.»

Alles in allem hält Katja Christ die Stossrichtung der Emek für «absolut richtig». Eine Förderung müsse so ausgestaltet sein, dass sie auch künftige neue Technologien und Kanäle miteinschliesst. 

Und Christ hat auch eine recht konkrete Vision: «Mein Wunsch als Konsumentin wäre es, eine Medien-App zu haben (analog Spotify), in der ich meine tägliche Zeitung selbst zusammenbasteln kann. Ich bezahle eine monatliche Gebühr und habe alle akkreditierten Medien auf meiner App und kann sie in personalisierten ‚Playlists‘ zusammenstellen.» 

Dafür wäre wohl auch eine künftige Medienkonsum-Generation (die heutigen Jugendlichen) bereit zu bezahlen, glaubt die Nationalrätin. «Das ist es, was wir schaffen müssen: Wir müssen die Medienlandschaft heute in die Richtung unterstützen, sodass sie sich heute für die Leserschaft von morgen fit machen kann.»