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Dienstag
08.08.2023

Medien / Publizistik

«Wir haben das Urheberrecht. Das muss reichen», findet der freisinnige Nationalrat aus Bern. (Bild © parlament.ch)

«Wir haben das Urheberrecht. Das muss reichen», findet der freisinnige Nationalrat aus Bern. (Bild © parlament.ch)

Das Leistungsschutzrecht spaltet die Medienbranche: Während sich die einen Verlage durch eine Link-Steuer für Google und Co. die Erfüllung ihrer an der Urne gescheiterten Subventionswünsche erhoffen, warnen andere, vor allem kleinere Verlage, vor einer medienpolitischen Sackgasse.

Im Mai hat der Bundesrat eine Link-Steuer in seinen Vorschlag für ein revidiertes Urheberrechtsgesetz aufgenommen. Er schlägt vor, dass grosse Online-Dienste den Medienunternehmen für die Nutzung von Snippets künftig eine Vergütung bezahlen müssen.

Dagegen läuft derzeit Christian Wasserfallen Sturm. Vor Kurzem hat der FDP-Nationalrat eine Interpellation eingereicht, durch die der Bundesrat die Grundlagen offenlegen soll, aufgrund derer er seinen Vorschlag für eine Link-Steuer stützt. Der Klein Report sprach Wasserfallen darauf an.

Was halten Sie persönlich von einer Link-Steuer?
Christian Wasserfallen
: «Gar nichts. Die Bezahlung einer Steuer beim Klicken eines Links ist ein fundamentaler Angriff auf das freie Internet! Das Leistungsschutzrecht ist eine Fehlkonstruktion und stärkt reisserischen Boulevard-Journalismus. Zudem ist damit zu rechnen, dass zu vergütende Links durch die Suchmaschinen herabgestuft werden in der Suche, was bedeutet, dass die Artikel weniger gut gefunden werden – eine klare Lose-lose Situation. Das Leistungsschutzrecht gehört bekämpft.»

Welche Alternative sehen Sie zu der vorgeschlagenen Link-Steuer?
Wasserfallen
: «Keine, das Konstrukt Leistungsschutzrecht ist eine Fehlkonstruktion an sich. Wir haben das Urheberrecht. Das muss reichen. Es ist absurd, wenn die Verlage mit SEO und Ads die Trefferquoten bei den Suchmaschinen erhöhen und bei Erfolg sollte dann die Suchmaschine ihnen eine Abgabe liefern. Das wäre etwa so, wie wenn ein Online-Shop Geld von einer Suchmaschine kriegen würde, wenn aufgrund einer Suche ein Produkt bestellt wurde. Noch absurder wird es bei Gratis-Content, der dann durch Suchmaschinen vergütet werden müsste, obwohl der Konsument keinen Rappen bezahlt.»

Mitte Juni haben Sie eine Interpellation eingereicht, durch die der Bundesrat die Grundlagen offenlegen soll, aufgrund derer er seinen Vorschlag für eine Link-Steuer stützt. Was wollen Sie mit dem Vorstoss konkret erreichen?
Wasserfallen
: «Der Vorstoss dient dazu, dass nun allen klar ist, dass ein Leistungsschutzrecht und eine Linksteuer absurd ist, im Vollzug nicht umsetzbar ist und nur Verlierer schaffen wird. Die Regulierung ist schlicht ein grosser Rohrkrepierer. Die Vernehmlassung wird klar negativ ausfallen und ich hoffe, der Bundesrat verzichtet dann auf die Vorlage.»

Wo sehen Sie derzeit den dringendsten Regulierungsbedarf bei der Plattformregulierung?
Wasserfallen
: «Plattformen zu regulieren tönt immer wahnsinnig stark und man kann sich als Politiker damit profilieren, die Stirn bieten zu wollen. Nur: Die Teilnahme und die Verbreitung von Content auf Plattformen ist absolut freiwillig. Inhalte, die dort verbreitet werden, sind auch nicht alle richtig. Viel wichtiger ist die Frage: Wie gehe ich als Nutzer der Plattformen damit um? Mein Rat: Skepsis und eine Dosis Recherche-Arbeit hilft, um hinsichtlich Richtigkeit von Informationen die Spreu vom Weizen trennen zu können ...»

... Sie sehen also keinen politischen Handlungsbedarf?
Wasserfallen
: «Ein Punkt ist für mich die Frage, wie man sich als Nutzerin oder Nutzer gegen strafrechtlichen oder privatrechtlichen Schaden wehren kann. Das liegt aber nicht in der Verantwortung der Plattformen selber, sondern von arglistigen und illegalen Aktionen anderer Nutzer. Diese verstärkt an die Kandare zu nehmen wäre für mich hilfreich. Ebenso die Möglichkeit, dass zum Beispiel diese Leute irreführende oder widerrechtliche Inhalte löschen müssen.»

Wo sehen Sie derzeit Handlungsbedarf bei der Medienförderung?
Wasserfallen
: «Es ist darauf zu achten, dass die SRG sich nicht immer mehr im Online-Bereich mit geschriebenem Text ausbreitet. Dort geht die SRG unnötigerweise in Konkurrenz zu Privatmedien, die mit Bezahlschranken Geld verdienen müssen. Die SRG soll neue Kanäle und Social Media nutzen, um ihren eigenen audiovisuellen Content zu verbreiten – nicht mehr und nicht weniger. Zweitens ist in Bezug auf das Online-Marketing eine Lösung mit den Suchmaschinen zu finden, dass Schweizer Artikel besser sichtbar und damit besser monetarisierbar werden ...»

... sonst nichts?
Wasserfallen
: «Drittens sollte die Medienbranche endlich zusammen Berufsabschlüsse schaffen, die den Journalistinnen und Journalisten bessere Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt geben. Alle Abschlüsse sind in das Berufsbildungssystem zu integrieren, das für Qualität und eine gewisse Sicherheit im Arbeitsalltag steht. Viertens sind Plattformen für das digitale Arbeiten und Anbieten von Content zusammen zu entwickeln. Zum Beispiel finde ich die Swiss Radioplayer App inklusive Einbindung in Apple und Android Car Play sinnvoll.»