Medienminister Albert Rösti ist auch ein Musikminister. Wer es nicht glaubte, musste spätestens am Dienstagabend seine Meinung ändern.
Da tauchten Bilder auf, die den Berner Oberländer mit seiner ganzen Familie am Konzert von Taylor Swift im Zürcher Letzigrund zeigten.
Nun ist Rösti auch in politischer Mission auf dem Parkett der leichten Unterhaltung unterwegs – und stellt sich gegen einen Teil seiner eigenen Partei (SVP). Diese unterstützt jene Kräfte, die den Eurovision Song Contest in der Schweiz verhindern wollen. Die christlich-konservative EDU beispielsweise, die das Recht auf Abtreibung in Frage stellt und offen gegen Sterbehilfe votiert, will in den Städten Zürich, Bern, Basel und Genf das Referendum gegen den ESC einreichen.
Die ESC-Gegner argumentieren auch mit den Steuergeldern, die für den Anlass freigesetzt werden sollen. In Zürich etwa wurde vom Stadtparlament bereits ein 20-Millionen-Franken-Kredit genehmigt.
Der Bund der Steuerzahler hat dagegen Opposition angekündigt. In Bern will die SVP die (30 Millionen teure) Bewerbung der Hauptstadt bekämpfen.
Faktisch geht es aber um moralische Bedenken: Die ganze Entwicklung des ESC finde er problematisch, erklärt Samuel Kullmann, Berner Grossrat und Geschäftsleitungsmitglied der EDU Schweiz: «Was uns am meisten gestört hat, ist, dass zunehmend Satanismus und Okkultismus zelebriert oder zumindest toleriert wird. Immer mehr Künstlerinnen und Künstler tragen offen okkulte Botschaften vor und unterstreichen sie mit der entsprechenden Symbolik.»
Doch nun tritt Albert Rösti ins Scheinwerferlicht und solidarisiert sich mit Nemo und Co.: «180 Millionen Zuschauer – das ist ein riesiger Anlass und eine grosse Chance für die Schweiz.» Zum politischen Widerstand entgegnet er: «Das ist Ideologie – wir sind eine offene Schweiz.»
Er verstehe aber die Bedenken, dass so viele Steuergelder in den Anlass fliessen sollen. Fakt ist auch: Die Zeit wird knapp. Geht man den Weg durch alle politischen Instanzen, könnte der ESC-Traum für viele Städte vorzeitig platzen.
Doch die SRG, die letztlich über den Austragungsort entscheidet, hat einen (Westschweizer) Trumpf in der Hand: Falls es in Zürich und Bern zu einer Abstimmung über die ESC-Gelder kommen würde, hätte Genf die besten Karten. Dort besteht finanzielle Sicherheit, eine Infrastruktur, die sofort hochgefahren werden könnte – und eine Weltoffenheit, die nicht beim ersten politischen Luftzug in sich zusammenbricht.