Abermals hat sich das Bundesverwaltungsgericht über die Radio- und TV-Abgabe gebeugt – und kommt zum Schluss, dass der Tarif für Unternehmen noch immer nicht verfassungskonform ist.
Der Klein Report hat sich die Umsatzzahlen und die in Rechnung gestellten Abgabebeiträge von vier KMU genauer angeschaut.
Zur Erfüllung des Leistungsauftrags von Radio und Fernsehen erhebt der Bund eine Abgabe, die neben den Haushalten auch die Unternehmen zu berappen haben. Die Höhe der Abgabe bestimmt der Bundesrat.
Gemäss Mehrwertsteuergesetz richtet sich bei Unternehmen die Abgabe nach dem weltweiten Gesamtumsatz, der gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung deklariert wird. Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu einer halben Million Franken sind von der Abgabe befreit.
Für die anderen Unternehmen hat der Bundesrat per 1. Januar 2021 einen 18-stufigen Tarif in Kraft gesetzt. Dies, nachdem 2019 der damalige Tarif vom Bundesverwaltungsgericht bereits einmal als nicht verfassungskonform beurteilt worden war, weil im ursprünglich nur 6-stufigen System sehr verschiedenartige Unternehmen zusammengefasst worden waren.
Nun haben vier Unternehmen – gemäss dem am Freitag publizierten, anonymisierten Urteil allesamt Aktiengesellschaften – nochmals gegen die Ausgestaltung der Unternehmensabgabe geklagt.
Das seit 2021 geltende Tarifsystem benachteilige KMU, während grosse Unternehmen ab einem Umsatz von einer Milliarde Franken bevorteilt würden, argumentierten die vier Unternehmen gegenüber den St. Galler Richtern. Die Festlegung der Abgabenbeträge sorge für eine «Ungleichbehandlung verschiedener Unternehmen, für die es keine sachliche Begründung gäbe und damit willkürlich sei», wie aus dem dreissigseitigen Urteil hervorgeht.
Einem der klagenden Unternehmen wurden 2021 von Serafe 1270 Franken Medienabgabe in Rechung gestellt; damit fiel es in die Tarifkategorie 7 bei einem Gesamtumsatz von 6’972’980 Franken. Ihre Steuerbelastung betrug damit 0,018 Prozent und damit rund das 4,8-fache eines Grossunternehmens mit einem Gesamtumsatz von 999’999’999 Franken (Tarifkategorie 17), das nur 0,0037 Prozent abgeben musste.
Bei einem der anderen Beschwerdeführerinnen betrug die Serafe-Abgabe gemäss Gerichtsurteil 235 Franken (Tarifkategorie 2), die Steuerbelastung war mit 0,028 Prozent 7,5 Mal grösser als bei einem Grossunternehmen.
Das grösste der vier Unternehmen, die geklagt hatten, hatte 13’665 Franken Medienabgabe zu berappen. Dies bei einem Umsatz von 93’667’810 Franken. Mit 0,014 Prozent Steuerlast bezahlte es das 3,7-fache eines Grosskonzern.
In allen Fällen kommt das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass die klagenden Firmen «zu Recht geltend machen, dass die ihnen in Rechnung gestellten Beträge für die Unternehmensabgabe 2021 gegen das Rechtsgleichheitsgebot verstossen».
Kleinere Unternehmen unterliegen damit auch mit dem neuen Tarif einer «wesentlich höheren relativen Steuerbelastung als umsatzstarke Unternehmen».
Doch trotz Verfassungsbruch bleibts dabei. Die bisher zu viel bezahlten Beträge werden den Unternehmen nicht zurückerstattet. Dabei stützt sich das Gericht auf die Ankündigung des Bundesrats, der die Tarife alle zwei Jahre von sich aus überprüfen will. «Folglich» – schlussfolgert das St. Galler Gericht – werden die von den vier Firmen angefochtenen Beträge «aus Gründen der Rechtssicherheit und Verhältnismässigkeit» nicht angetastet.
Stattdessen legen die St. Galler Richter dem Bundesrat jedoch nahe, bei der nächsten Überprüfung der Tarife «eine progressive oder teilweise lineare Ausgestaltung der Unternehmensabgabe in Betracht zu ziehen», wie es im Urteil schon fast lieblich heisst.