Digitalisierung, anhaltender Kostendruck und die Vertrauenskrise der Medien vermiesen vielen Journalisten und Journalistinnen die Freude an ihrem Beruf. Und das nagt an ihrer psychischen Gesundheit.
Noch mehr Stress als früher, Gedanken an einen Berufsausstieg, Burn-out-Symptome: So lassen sich die Stellen benennen, wo für viele Medienschaffende in Deutschland derzeit der Schuh drückt.
Gleichzeitig sehen sie mehrheitlich einen Qualitäts- und Bedeutungsverlust des eigenen Berufsstands, wie aus einer neuen Studie der Otto-Brenner-Stiftung hervorgeht. Im Zentrum stand die Frage, wie Journalisten und Journalistinnen die Transformation des Mediensystems erleben.
60 Prozent der Befragten gaben an, Einsparungen ihres Medienunternehmens hätten ihre persönliche Arbeitssituation verschlechtert. Ganz viele Medienschaffende sehen die zentrale Challenge in dem Vertrauensverlust des Journalismus, wie er sich häufig im Vorwurf der einseitigen Berichterstattung äussert.
Die Studienmacher führten in einer ersten Runde mit 20 Medienschaffenden vertiefte Interviews. Aufgrund der Ergebnisse führten sie in einem zweiten Schritt eine Online-Umfrage durch.
Interessanterweise hielten in den Interviews mehr als die Hälfte der Befragten die Publikumskritik für «bedingt richtig»; die Medien seien für ihre Vertrauenskrise «mitverantwortlich». In der Online-Befragung wiesen die meisten der Befragten eine Mitschuld dagegen von sich.
Einen Qualitätsverlust sehen 48 Prozent der Befragten, einen Bedeutungsverlust 50 Prozent, einen Verlust an Renommee beklagen 84 Prozent, und 66 Prozent finden, dass der Journalismus als Beruf an Attraktivität verloren hat, wie aus der Studie der gewerkschaftsnahen Stiftung weiter hervorgeht.
Fazit des Autorenteams: «Die zentralen Herausforderungen der medialen Transformation lösen bei den Journalist:innen primär negative Gefühle aus.» Neben Frustration und Unsicherheitsgefühlen machten sich viele der Befragten Sorgen um die Jobsicherheit.
Fast 60 Prozent, vor allem jüngere Medienschaffende, gaben an, dass sie über einen Berufsausstieg nachdenken.
«Mehrheitlich versuchen die Journalisten und Journalistinnen jedoch, den gravierenden beruflichen Herausforderungen sachorientiert zu begegnen – zum Beispiel in Form einer noch sorgfältigeren Recherche.»
Das hat seinen Preis. Die psychometrische Befragung hat «erhöhte Werte» auf der Burn-out-Skala zu Tage gefördert. So gaben zwei Drittel der Online-Befragten an, sich «schon vor der Arbeit müde» zu fühlen und dass die Belastungen durch die Arbeit «nicht zu ertragen» seien. 40 Prozent sind arbeitsbedingt immer häufiger «emotional ausgelaugt».
Und nur rund 28 Prozent der Befragten sehen für sich angemessene Aufstiegschancen.
«Die psychische Gesundheit von Journalisten und Journalistinnen muss mehr in den Fokus der Öffentlichkeit und der Arbeitgeber rücken», kommentierte Burkhard Schmidt, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Hochschule Fresenius, Heidelberg, die Ergebnisse der Studie, an der er mitgearbeitet hat.