Alle sind begeistert von den Frauen im Iran und übersehen die frauenfeindlichen Mechanismen zu Hause. Frauen und Medien beispielsweise bleiben in der Schweiz ein Hürdenlauf.
Das Muster bleibt sich oft gleich: Männer bleiben, Frauen gehen. Im «Magazin» schrieb Nina Kurz ihre letzte Kolumne diesen Monat, während Christian Seiler, Max Küng, Krogerus & Tschäppeler, Ben Moore und Hans Ulrich Obrist seit Jahren, manche seit über einem Jahrzehnt, immer mehr vom Gleichen produzieren.
Im selben Konzern schrieb Tamara Funiciello letzten Monat, nach über vier Jahren, ihre letzte Kolumne für die «SonntagsZeitung». Die Bitterkeit darüber war in ihrem Text spürbar: «Geschätzte Leser*innen, seit 4 Jahren schreibe ich für diese Zeitung. Ein bisschen abrupt geht diese Zeit nun zu Ende.»
Zwar wird Funiciello durch Jacqueline Badran ersetzt, immerhin, doch die Männerdominanz in der «SonntagsZeitung» bleibt.
Eine Kolumne ist die Kirsche auf der Journi-Sahnetorte, und sie ist für Politik und Philosophie – Ausnahmen sind Barbara Bleisch und Laura de Weck, deren Kolumnen ihrem Status bei SRF geschuldet sind, also quasi ex officio – in Deutschschweizer Medien Männern vorbehalten. Bekannte Kolumnistinnen gibt es punkto Lebenshilfe, Sex, feministische Themen, Sprachpolitik – dies links und rechts –, aber die Hardcore-Schreiberinnen, die in der «Arena», in der «Rundschau», im «Club» auftreten, so wie dies in Deutschland bei Markus Lanz regelmässig vorkommt, werden in der Schweiz mit Filz und einem gewohnt eidgenössischen Schuss Misogynie behindert.
Immerhin bleiben dem «Magazin» Katja Früh mit «Über die Kunst, nachmittags Tierfilme zu schauen» und vermehrt Anouschka Roshani, die seit 2002 in Zürich wohnt und erst kürzlich im «Spiegel» über ihre LSD-Erfahrung berichtet hat. Auch Michèle Roten ist nach Jahren der Abwesenheit wieder Kolumnistin, im «Züritipp»: «Ich sage Ihnen geil: Sehr geil», schrieb sie in der Ausgabe vom 29. Januar 2022.
Trotzdem: Medienkritik, Politik und politische Philosophie bleiben nach wie vor erstaunlich männerdominiert und operieren nach dem Muster: Männer bleiben bis zur Pension, Frauen gehen oder werden wieder und wieder durch «neue», «junge Talente» ergänzt, um nach ein paar Jahren durch noch jüngere ersetzt zu werden.
Der Klein Report zieht deshalb folgendes Fazit: Offensichtlich reichen 51 Jahre Frauenstimm- und Wahlrecht noch lange nicht, um die Schweizer Medien-Patriarchen vom Sockel zu stürzen.