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Donnerstag
25.05.2023

Medien / Publizistik

Bund will Snippets besteuern: Das setzt falsche Anreize, kritisiert der Verband Medien mit Zukunft. (Bild © KR)

Bund will Snippets besteuern: Das setzt falsche Anreize, kritisiert der Verband Medien mit Zukunft. (Bild © KR)

Seitdem das Medienpaket vom Volk bachab geschickt worden ist, erhoffen sich manche Medienmanager eine Erfüllung ihrer Subventionswünsche durch eine Link-Steuer für Google und Co. Andere Medienverlage kritisieren das als medienpolitische Sackgasse.

Am Mittwoch hat der Bundesrat die Vernehmlassung zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes (URG) eröffnet. Darin schlägt er vor, dass grosse Online-Dienste den Medienunternehmen für die Nutzung von Snippets künftig eine Vergütung bezahlen müssen.

Vergütungspflichtig wären gemäss dem Gesetzesentwurf nur jene Online-Dienste, die mindestens 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung pro Jahr als User erreichen. 

Abwickeln will der Bundesrat die Link-Steuer über eine Verwertungsgesellschaft. Diese vertritt die Interessen der Medienunternehmen und Medienschaffenden kollektiv und handelt mit den vergütungspflichtigen Online-Diensten die Höhe und Modalitäten der Vergütung aus. 

Davon verspricht sich die Regierung viel. Es sei eine «bewährte und im internationalen Vergleich unbürokratische Lösung», heisst es in einer Mitteilung vom zuständigen Justizdepartement am Mittwoch. Ausserdem stelle eine Verwertungsgesellschaft sicher, «dass auch die kleineren und regionalen Medienunternehmen von der Vergütung profitieren».

Offen lässt der Bundesrat die Frage, ob auch das Teilen von Snippets durch die User sozialer Medien zu einer Vergütungspflicht der Anbieter führt. Er hat dazu zwei Varianten in die Vernehmlassung geschickt. Vergütungsfrei bleibt das Setzen von reinen Hyperlinks.

«Die Mehreinnahmen für Medienunternehmen und Medienschaffende lassen sich derzeit nicht abschätzen, da diese von den Verhandlungen zwischen den Verwertungsgesellschaften und den Nutzerverbänden abhängen», heisst es beim Justizdepartement weiter.

Kaum war der Gesetzesentwurf bekannt, hagelte es auch schon Kritik. Das vorgesehene Leistungsschutzrecht setze falsche Anreize und «verdrängt massiv notwendige Reformdebatten in Sachen Medienförderung und Plattformregulierung», kritisierte zum Beispiel der Verband Medien mit Zukunft (VMZ).

Der Verband, der 25 kleinere, konzernunabhängige Medien vertritt, findest nichts Falsches daran, dass Google und Co. auf die Medien verlinkt. Falsch sei umgekehrt, den Plattformen eine «Mitnahmementalität» zu unterstellen. Denn die Verlinkung finde ja nicht gegen den Willen der Medien statt. 

Das Leistungsschutzrecht als Linksteuer verstosse zudem gegen ein wesentliches Grundprinzip des Internets: die freie Verlinkung. 

Der Verband, der sich für das im Februar 2022 gescheiterte Medienpaket stark machte, befürchtet ausserdem, dass die grossen Verlage überproportional von der Link-Steuer profitieren, während die kleinen Verlage benachteiligt würden. 

Gemäss einer Vox-Studie war genau diese Ungleichbehandlung ein Hauptmotiv, weshalb das Medienpaket bachab geschickt wurde.

Zu Recht hinterfragt VMZ auch die finanziellen Hoffnungen, welche manche Medienmanager an die Link-Steuer knüpfen. In Deutschland wurden im Rahmen des Leistungsschutzrechtes 420 Millionen Euro von Google gefordert. Am Schluss hat ein Schiedsgericht die Summe, die an die deutschen Medienverlage ausgezahlt werden soll, auf 5,8 Millionen Euro festgelegt. 

Weniger überraschend ist die Kritik, die Swico, der Wirtschaftsverband der ICT- und Online-Branche, den Plänen des Bundesrats entgegenbrachte. Der Bundesrat blende aus, dass journalistische Inhalte bereits heute urheberrechtlich geschützt seien und nicht ohne Einwilligung des Rechtsinhabers übernommen werden könnten.

«Eine Linksteuer ist insofern widersprüchlich, als die Medienverlage enorm von der Reichweite der Internetplattformen und dem kostenlosen Traffic profitieren. Dank der Verlinkung auf ihre Newsportale erzielen sie ein Vielfaches an Leserinnen und Leser und damit an Werbeeinnahmen.»