Nun also doch: Bei der Revision des Urheberrechts im Jahr 2019 wollte das Parlament noch nichts wissen von einem Leistungsschutzrecht für die journalistischen Textschnipsel in den Trefferlisten von Google.
Anders sieht das nun der Bundesrat. Es gebe «keine Alternative zu einer Plattformregulierung, um die grossen Online-Dienste an den Verhandlungstisch zu bringen und die journalistischen Medien für die Nutzung ihrer Inhalte angemessen zu entschädigen», findet die Regierung klare Worte in einem am Freitag veröffentlichten Bericht.
Das Parlament verzichtete 2019 auf ein Leistungsschutzrecht mit dem Argument, die Entwicklung in der EU abzuwarten. Was sich dort inzwischen getan hat, damit die Medien von den Global Playern für ihre Leistungen entschädigt werden, kann man in dem 28-seitigen Bericht en Detail nachlesen.
«Der Bundesrat anerkennt, dass die Digitalisierung zu einer neuen, kommerziellen Nutzung journalistischer Leistungen geführt hat, ohne dass diese Leistungen abgegolten werden.» Bis Ende 2022 will er nun einen Gesetzesentwurf ausarbeiten, wie die Online-Plattformen hier von den Medien zur Kasse geben werden könnten. Eine Abgeltung solcher journalistischen Leistungen sei «grundsätzlich berechtigt», so der Bundesrat.
Wie konkret aber eine Leistungsschutz-Regelung für die Schweiz aussehen könnte, sollen nun zuerst das Justizdepartement zusammen mit dem Bundesamt für Kommunikation und dem Staatssekretariat für Wirtschaft prüfen. Geht es nach dem Bundesrat, sollen auch «kleinere Medienverlage sowie die Medienschaffenden» von der Regelung profitieren können.
Die Schweiz gerät in dieser Sache immer mehr ins Hintertreffen. In mehreren EU-Ländern kam es in der letzten Zeit bereits zu Einigungen zwischen den Medien und grossen Online-Plattformen. Schon vor zweieinhalb Jahren hatte die EU nämlich die «Richtlinie über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt» eingeführt. Mit diesem sogenannten Leistungsschutzrecht stellte die EU sicher, dass die kurzen journalistischen Textteile – die «Snippets» in den Google-Trefferlisten – nicht durch die Maschen des Urheberrechts fallen.
Doch dieses Leistungsschutzrecht war selbst nicht genügend engmaschig gestrickt. Die EU-Richtlinie vom April 2019 hielt nämlich fest, dass das Leistungsschutzrecht für das Setzen von Hyperlinks und für die Nutzung «sehr kurzer Auszüge» aus einer journalistischen Veröffentlichung nicht gelte.
Und so geschah, was geschehen musste: Google verkürzte seine «Snippets» und versuchte sich einer Vergütungspflicht zu entziehen. In Frankreich brauchte es den Entscheid des Berufungsgerichts vom 20. Oktober 2020, um dem Leistungsschutzrecht auch im Falle von sehr kurzen «Snippets» zum Durchbruch zu verhelfen.
In Frankreich ist die Umsetzung des Leistungsschutzrechtes bisher am weitesten fortgeschritten. Doch auch in Deutschland gibt es ähnliche Entwicklungen.