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Donnerstag
09.01.2020

Medien / Publizistik

Manfred Kluge forderte eine «Konsolidierung auf Vermarkter-Seite»...

Manfred Kluge forderte eine «Konsolidierung auf Vermarkter-Seite»...

Der digitale Wandel bleibt für die Schweizer Verlagshäuser eine ungelöste Aufgabe. Für neue Hoffnung hat an der Dreikönigstagung der Wiedereintritt von Ringier in den Verband Schweizer Medien (VSM) gesorgt. Und plötzlich wird Kooperation in der Print-Krise zum neuen Schlüsselbegriff - auch in der Vermarktung.

Seit Jahren werfen die Verleger mit Durchhalteparolen und digitalen Schlagworten um sich, doch viele Probleme bleiben auch Anfang 2020 offen. Dazu gehören Dauerthemen wie fehlende Frauen in Führungspositionen oder die Überalterung, die an der Dreikönigstagung augenfällig war. Die Worte von Nadine Jürgensen, die am Mittwoch durch den Anlass moderierte, waren symptomatisch: «Beissen Sie sich nicht die Zähne oder Zahnprothesen aus», warnte sie vor der Kaffeepause, bevor traditionell der Dreikönigskuchen verteilt wurde.

Hinzu kommt eine gewisse Resignation vor den Schwierigkeiten des Marktes: Die sinkenden Werbeerlöse werden inzwischen scheinbar als Fakt hingenommen, als unumstösslicher Trend, den man nicht aufhalten kann. So klammern sich die Verleger immer stärker an die Hilfe des Staates: «Das Präsidium unseres Verlegerverbands geht davon aus, dass ohne Ausbau der indirekten Presseförderung in den nächsten drei Jahren ein Drittel der heutigen Zeitungstitel nicht überleben können», sagte Verbandspräsident Pietro Supino am Mittwoch.

Die Digitalisierung sorgt also immer noch für eine kollektive Ratlosigkeit, auf die in den letzten Jahren primär mit Kostenreduktionen, Zusammenlegungen und gekürzten Redaktionen reagiert wurde und immer noch wird. Dass es auch anders gehen könnte, illustrierte Rainer Esser, Geschäftsführer der Zeit-Verlagsgruppe: Der Hamburger Verlag habe «antizyklisch investiert» und neue Produkte eingeführt, als andernorts alles runtergespart wurde, erklärte Esser sein Erfolgsrezept an der Dreikönigstagung in Zürich.

Die Hoffnungen der Schweizer Verleger ruhen aber weniger auf Investitionen und Innovationen, als vielmehr auf einem neu entdeckten Gemeinschaftsdenken: Die Digital-Allianz, zu der Ringier, Tamedia (TX Group), die NZZ-Gruppe, CH Media und die SRG gehören, soll einen Teil der Erlöse von Google und Facebook zurück in die Schweiz bringen, indem die hiesigen Verleger ihre eigenen Nutzer-Daten sammeln.

Wie schlagkräftig diese Kooperation wirklich sein wird, bleibt aber fraglich. Tobias Zehnder, Mitgründer und Partner von Webrepublic, warnte davor, die Digital-Allianz zu «überschätzen». Thomas Schwetje, Head of Marketing und Digital Services bei Coop, war ebenfalls skeptisch: Google und Facebook hätten ein viel tiefer greifendes Know-how über ihre Kunden, als es für die Verleger überhaupt möglich sei. «Solche Daten und Informationen erhält man nicht über eine Newsplattform. Diesen Wettbewerbsnachteil wird man nicht wettmachen können mit der Login-Allianz.»

Auch Manfred Kluge, Chairman DACH bei der Omnicom Media Group, sieht die Probleme der Verleger durch die Bildung der Digital-Allianz noch nicht gelöst. Aus seiner Sicht brauche es nun auch in der Vermarktung ein radikales Umdenken: «Ich halte eine Konsolidierung auf Vermarkter-Seite für unerlässlich», lautete seine Forderung.

Das sieht Arne Bergmann ebenso. Der ehemalige Chief Sales Officer von Admeira, der zuletzt als Leiter Werbemarkt bei der NZZ-Gruppe für die Vermarktung der Printmedien zuständig war, sagte gegenüber dem Klein Report: «Mit der Login-Allianz können die Verlage endlich die Daten generieren, die insbesondere für die Vermarktung von hoher Relevanz sind. Konsequenterweise sollte auch eine nationale, digitale Vermarktungsallianz der Medienunternehmen im nächsten Schritt angedacht werden.»

Obwohl dieser Schritt hin zu einem Vermarktungsmonopol noch nicht gemacht wurde, sieht Bergmann die neu entdeckte Kooperationsfähigkeit der Verleger als positives Zeichen: «Die Jahresauftaktversammlung des VSM hat die wichtige und notwendige Aufbruchstimmung der Schweizer Verlage verbreitet. Der Wiedereintritt von Ringier und die Weiterentwicklung der Login-Allianz sind ein fast überfälliger und notwendiger Schritt. Endlich treten die Medienhäuser wieder als Einheit auf.»