Zwischen 2009 und 2020 ist die Gruppe der sogenannten «News-Deprivierten» von 21 auf 37 Prozent gewachsen. Mit fast 55 Prozent ist ihr Anteil unter den jungen Erwachsenen besonders hoch.
Verloren sind diese journalistisch Unterversorgten für die Medien aber keineswegs, wie eine Teilstudie des «Jahrbuchs Qualität der Medien» herausgefunden haben will.
Die «News-Deprivierten» sollte man sich demnach nicht einfach als Ignoranten vorstellen, die sich nur noch in obskuren Internetforen tummeln. Laut der Studie interessieren sie sich sehr wohl für News.
Vor allem dann, wenn sie Tipps von Freunden oder von Influencern bekommen. «News haben Nachrichtenwert, wenn sie in sozialen Medien auf Aufmerksamkeit stossen können, sie also das Potenzial haben, soziales Netzwerkkapital zu vergrössern.»
Trifft dies zu, mache sich die junge Nutzergruppe durchaus auch mal selber auf die Suche nach zusätzlichen Informationen. «Insofern sind junge Erwachsene, insbesondere die, die den ‚News-Deprivierten‘ zugerechnet werden können, für den Informationsjournalismus keineswegs verloren», schreiben die Autoren.
Auch kommunikative Happenings wie «Fridays for Future» oder «MeToo» sowie andere «Themen mit Identifikationspotenzial» würden die jungen Erwachsenen gelegentlich recht stark zum Newskonsum animieren. Genauso wie das Gefühl, etwas in der eigenen Community verpasst zu haben oder nicht mitreden zu können.
Aber klar, für ein Zeitungs-Abo sind die «Deprivierten» nicht zu gewinnen. Die Bindung an herkömmliche Medienmarken habe sich grösstenteils aufgelöst: «Spezifische Medientitel werden nicht mehr gesamthaft genutzt oder angesteuert. Stattdessen wird auf sozialen Plattformen ein hochdynamisches persönliches Nachrichtenbündel aus unterschiedlichsten Quellen rezipiert», so die Studie.
Pay-Walls kritisieren die jungen Erwachsenen erwartungsgemäss stark. Der kostenlose Zugang zu journalistischen Inhalten wird von den Studienteilnehmenden quasi als «Grundrecht» verstanden.
Aber auch hier muss man das Klischee der «News-Deprivierten» differenzieren: Eine gewisse Zahlungsbereitschaft würde nämlich durchaus bestehen, wenn eine Plattform journalistische Inhalte aus unterschiedlichen Quellen mit einer kostengünstigen Flatrate anbieten würde. Offensichtlich sind dabei Bündel-Dienste wie Spotify Vorbilder.
Die traditionellen Medienkanäle TV, Radio und Presse schätzen die jungen Erwachsenen deutlich glaubwürdiger ein als die Social-Media-Kanäle, die sie viel ausgiebiger nutzen. «Begründet wird dies mit der höheren Qualität und dem besseren Einhalten journalistischer Standards.»
Auch das spricht für die Reflektiertheit der «Deprivierten».