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Sonntag
04.12.2022

Vermarktung

«Ohne politische Rückendeckung wäre es weder zur Investition noch zur Branchenlösung gekommen», sagte Alexander Duphorn, CEO von Goldbach Media. (Bild zVg)

«Ohne politische Rückendeckung wäre es weder zur Investition noch zur Branchenlösung gekommen», sagte Alexander Duphorn, CEO von Goldbach Media. (Bild zVg)

Vor zwei Monaten hat der Vermarkter Goldbach Media Replay Ads auf den TV-Werbemarkt gebracht.

Im Gespräch mit dem Klein Report zieht CEO Alexander Duphorn eine Zwischenbilanz und äussert sich über die Besonderheiten des neuen Werbeformats, den enormen Wettbewerbsdruck durch die globalen Tech-Konzerne und über den urheberrechtlichen Sonderfall Schweiz beim zeitversetzten Fernsehen.

Wie würden Sie einem Laien erklären, was Replay Ads genau sind und warum sie eingeführt wurden?
Alexander Duphorn: «Wenn man sich ein vergangenes Programm im elektronischen Programm-Guide aussucht, wenn man Werbung vorspulen möchte oder wenn man die Pause-Taste drückt, kommt neuerdings hier und da ein bisschen Werbung. Die Replay Ads sind eine technische Neuerung: Mit dieser Werbeform für das zeitversetzte Fernsehen wird der Wettbewerb um das beste Werbemedium weiter gefördert. Dieses Werbeformat wird in das TV-Programm integriert. Während in allen umliegenden Ländern die Werbung aus dem linearen TV-Konsum 1:1 in den zeitversetzten TV-Konsum kopiert wird und nicht übersprungen werden kann, musste für die Schweiz eine neue Technologie entwickelt werden.»

Welche Vorteile für die Werbetreibenden und die Vermarkter hat diese neue Werbeform gegenüber der bisherigen Form, Werbung auszuspielen?
Duphorn: «Ohne Werbung kann kein Sender überleben. Aufgrund der urheberrechtlichen Besonderheiten des zeitversetzten Fernsehens in der Schweiz kann Werbung leicht übersprungen werden. Mit der neuartigen Technologie der Replay Ads wird dieses existenzgefährdende Phänomen teilweise wieder aufgefangen. Die Werbung wird dabei kurz gehalten, ist deshalb sehr attraktiv und schafft gute Werbemöglichkeiten für Werbeauftraggeber.»

Am Branchenanlass Suissedigital Day in Bern am 23. November haben Sie zum Thema Replay Ads referiert. Wie war danach die Marktresonanz von den Kongress-Gästen?
Alexander Duphorn: «Wie bei jeder Technologie und bei jeder neuen Werbemöglichkeit war das Interesse sehr gross. Vor allem waren alle gespannt, wie die neue Werbemöglichkeit bei Kunden und Kundinnen ankommt und wie die Akzeptanz beim Publikum ist.»

Goldbach hat Anfang Oktober begonnen, Replay Ads auf den Markt zu bringen. Wie weit vorgerückt ist das Rollout?
Duphorn: «Vor allem die Interaktivität der Werbespots, die sich mittels eingebetteter QR-Codes umsetzen lassen, sowie die Möglichkeit, die Pause-Ads regional auszuspielen, sind die Basis neuer kreativer Werbeformen. Der Rollout im Markt erfolgt zügig. Es sind ungefähr 1.8 Millionen Set-Top-Boxen angeschlossen. Unsere Kundinnen und Kunden haben bereits viele Kampagnen erfolgreich geschaltet, welche die Kampagnen im linearen TV ergänzen. Mit rund 3.5 Millionen Ad Requests am Tag erreichen wir entsprechend schon eine relativ hohe Relevanz für die neu lancierte Werbeinnovation Replay Ads.»

Können Sie etwas zur Zusammenarbeit mit den TV-Verbreitern sagen, wie viele sind schon dabei?
Alexander Duphorn: «Nachdem die Bundesbehörden die Rahmenbedingungen definiert haben, um die Replay Ads zu schaffen, haben sich die Marktteilnehmer aus technischen und ökonomischen Gründen zusammengeschlossen, um das neue Werbeformat zu entwickeln. Keiner hätte es allein entwickeln und implementieren können. Damit sich die neuen Werbeformate im Wettbewerb mit anderen Werbeformaten durchsetzen können, braucht es eine möglichst grosse Reichweite, das heisst möglichst viele Verbreiter, die mitmachen. Wir sind hier sehr gut unterwegs.»

Innovativ zeigt sich die Kabelfernsehen Bödeli AG aus Unterseen. Der kleine Provider für TV, Radio, Internet und Telefonie ist schnell in der technischen Umsetzung von Replay Ads. Was macht dieser Telekom-Anbieter aus Ihrer Sicht besser als die anderen?
Duphorn: «Alle Verbreiter haben das Thema mit sehr viel Power bei sich vorangetrieben. Es versteht sich von selbst, dass die Abläufe bei grossen Verbreitern komplexer sind als bei kleineren Anbietern. Dennoch hat die Kabelfernsehen Bödeli AG von Beginn an die komplexen technischen Anforderungen vorbildlich gemeistert und erfreute das Management- und Entwicklerteam rund um die Replay Ads stets mit seiner Präzision und seinem fehlerfreien Vorgehen. Kleine wie grosse Verbreiter haben gleichermassen die Möglichkeit, die Replay Ads einzuführen.»

Im Mai hat Goldbach eine Online-Umfrage zu Replay Ads durchgeführt. Was waren die wichtigsten Erkenntnisse und wie haben diese die Entwicklung von Replay Ads beeinflusst?
Alexander Duphorn: «Die Zuschauer und Zuschauerinnen sind grundsätzlich offen für neue Werbeformen im TV. So zeigten die Befragten eine höhere Akzeptanz für Replay Ads als für klassische lineare TV-Spots. Generell werden Replay Ads als wertiger empfunden als klassische TV-Werbung und von den drei Versionen erzielt das Start Ad die höchste Akzeptanz. Die meisten Befragten konnten nachvollziehen, dass sich TV-Sender mittels Werbung finanzieren müssen.»

Bei Goldbach wenden bereits 20 Sender Replay Ads über das eigenentwickelte Buchungstool an. Was sind hier Ihre Erfahrungen aus dem Markt?
Duphorn: «Der Markt freut sich über die neuen und sehr attraktiven Werbeformen. Wir gehen sogar davon aus, dass bei Einführung der gewohnten Standards und Services wie im TV die Attraktivität noch weiter steigen wird. Die Mediapulse wird die Replay Ads auch zum Bestandteil der TV-Messung machen, welche auch eine gemeinsame Nettoreichweite ausweisen wird. Und auch die gewohnten Servicetools, wie das Planungstool EvoAd der AGFS, werden für die Integration der Replay Ads vorbereitet.»

Replay Ads sind auch ein politisches Thema. Wo steht die SRG diesbezüglich in der Umsetzung?
Alexander Duphorn: «Für die SRG stellen sich die gleichen Fragen wie für alle TV-Sender. Deshalb hat die SRG bereits zu Beginn der Initiative, insbesondere bei den technischen Anforderungen, aktiv an der Erstellung der Replay Ads mitgearbeitet. Wir gehen davon aus, dass die SRG die wettbewerbsfördernde Wirkung der Branchenvereinbarung am Evaluieren ist. Der Markt und der enorme Wettbewerbsdruck der Gafam setzt dem Schweizer Werbemarkt zu, deshalb musste die Lösung schnellstmöglich umgesetzt werden, auch wenn vorerst noch ohne SRG. Jeder Tag Verzug fügt dem Schweizer Werbemarkt hohen Schaden zu.»

In welchem Zeitraum kann mit einem Mittun der SRG gerechnet werden oder muss auch ein Rückzug einkalkuliert werden?
Duphorn: «Der Einstieg in dieses wettbewerbsfördernde Werbeformat mit dem nötigen Vorlauf für alle Tests ist jederzeit möglich.» 

Was wäre aus Ihrer Sicht eine optimale Entwicklung von Replay Ads, sei es auf technischer oder auch auf politischer Seite? 
Alexander Duphorn: «Der Werbemarkt entwickelt sich rasant. Aus technischer Sicht muss sichergestellt werden, dass die einzelnen Werbeformate und deren Währung im Markt untereinander austauschbar bleiben, auch neuartige Formate wie die Replay Ads. Die Werbung muss dabei noch besser auf die Zielgruppe zugeschnitten werden, beispielsweise durch den geografischen Bezug, aber auch durch die Kunden und Kundinnen selbst, indem sie mitbestimmen können, welche thematischen Inhalte sie angezeigt haben möchten. Auf politischer Seite haben wir mit grosser Genugtuung festgestellt, dass sich Bundesrat und Behörden hinter die branchenweite Entwicklung der Replay Ads zur Stärkung des Werbestandortes Schweiz gestellt haben. Ohne diese politische Rückendeckung wäre es weder zur Investition noch zur Branchenlösung gekommen.»

Was ist für den TV-Nutzer, der Replay Ads benutzt, ein USP?
Duphorn: «Die Werbeblöcke der Replay Ads sind wesentlich kürzer als die klassischen linearen Werbeblöcke und ermöglichen einen punktgenauen Wiedereinstieg in die Sendung ohne vor- und zurückzuspulen. Darüber hinaus behalten die Zuschauer und Zuschauerinnen natürlich überhaupt die Option, zeitversetzt fernzusehen und Werbung zu überspringen. So bleibt TV weiterhin sehr attraktiv im Vergleich zu anderen Streamingangeboten, die übrigens auch demnächst Werbung integrieren werden.»