Content:

Freitag
24.02.2017

Medien / Publizistik

conradin-knabenhans

Wir schreiben den 1. Januar 2015: Conradin Knabenhans, Redaktionsleiter Obersee der «Zürichsee Zeitung», möchte von der St. Galler Gemeinde Gommiswald wissen, wie viel der Gemeindepräsident und die Gemeinderäte verdienen. Die Gemeinde blockt ab, obwohl das Öffentlichkeitsgesetz seit Ende 2014 auch im Kanton St. Gallen gilt.

Es ist der Beginn einer weiteren Odyssee im Kampf um Transparenz: Obwohl seit dem neuen Öffentlichkeitsgesetz grundsätzlich alles öffentlich ist, was Behörden betrifft, sind die Hindernisse in der Praxis mehr als offensichtlich.

«Anfang 2015 hat die `Zürichsee-Zeitung` bei den zehn Gemeinden im St. Galler Wahlkreis See-Gaster das Gesuch um Akteneinsicht eingereicht. Dieses wurde von den Gemeinden mit Hinweis auf den Persönlichkeitsschutz abgelehnt», blickt Knabenhans für den Klein Report zurück.

Anstatt eine umfängliche Lohnliste vorzulegen, wurde Knabenhans vertröstet. «Man sei gerne bereit, aus der Konstituierung diejenigen Zahlen zusammenzusuchen, `die als Entschädigung im weiteren Sinne von den Gemeinderäten beansprucht werden kann`», so der Redaktor der «Zürichsee Zeitung». Ein Service, der nach Vorstellung des Gemeinderats teuer bezahlt werden müsste. Alleine diese Auskunft würde Kosten von 250 bis 500 Franken verursachen, erklärte man Knabenhans.

Stellvertretend legte die «Zürichsee Zeitung» im Fall der Gemeinde Gommiswald Rekurs beim Departement des Innern ein. Zwei Jahre später war es tatsächlich soweit: Die «Zürichsee Zeitung» und weitere Medien im Kanton St. Gallen erhielten eine Übersicht über die Löhne der St. Galler Gemeinderäte - aus dem Jahr 2014, wohlgemerkt.

Der Fall Gommiswald zeigt eindrücklich, dass die Umsetzung des Öffentlichkeitsgesetzes in der Praxis häufig an der Geheimhaltung der Behörden scheitert. Conradin Knabenhans macht konkret drei Punkte als grösste Hindernisse aus: «Hohe Gebühren, lange Wartezeiten und - im Kanton St. Gallen - die fehlende Schlichtungsstelle», erklärt er dem Klein Report.

In der Praxis sieht das dann so aus: «Für das angesprochene Verfahren musste die `Zürichsee Zeitung`, nebst Anwaltskosten, eine vierstellige Summe vorschiessen, die sie nach Erfolg beim Departement des Innern zumindest teilweise zurückerhielt. Wir mussten zudem 18 Monate warten, bis wir die Ergebnisse der Lohnrecherche publizieren konnten. Das ist aus meiner Sicht weder im Sinne der Transparenz noch der journalistischen Kontrollfunktion», so Knabenhans.

Um die Akzeptanz des Öffentlichkeitsgesetzes zu fördern und zu erreichen, dass Verwaltungen das Gesetz korrekt anwenden, hat sich in St. Gallen nun eine Medienvereinigung gebildet. Dazu gehören: «Zürichsee Zeitung», «St. Galler Tagblatt», «Der Rheintaler»,  «Neue Zürcher Zeitung», SRF Regionaljournal Ostschweiz, FM1Today, «Obersee Nachrichten», «Südostschweiz Gaster & See», «Toggenburger Tagblatt», «Sarganserländer» und «20 Minuten Ostschweiz».

Gemeinsam publizierten sie am Donnerstag die Lohnliste der 77. St. Galler Gemeindepräsidenten und setzten damit ein klares Zeichen für das Öffentlichkeitsgesetz. «Unnötige Konfrontationen zwischen Medien und Verwaltung wollen wir vermeiden und setzen und deshalb für eine praktikable Anwendung des Gesetzes ein. Es ist gut möglich, dass die verschiedenen Medienhäuser auch in anderen Fällen wieder zusammenarbeiten werden», sagt Knabenhans dem Klein Report.