Der Rücktritt von Franziska von Weissenfluh als Präsidentin des Verwaltungsrats und des Stiftungsrats der Mediapuls AG kam am Mittwoch sehr überraschend.
Im Interview mit dem Klein Report blickt die engagierte Medienmanagerin auf ihre Zeit als VR-Präsidentin bei der Mediapulse zurück und erklärt auch, warum sie sich auf April 2017 von allen ihren Ämtern - auch aus der Stiftung - zurückzieht und welche beruflichen Pläne sie hat.
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Punkte, die Mediapulse während Ihrer Präsidiumszeit erreichen konnte?
Franziska von Weissenfluh: «Das Wichtigste war mir, das Vertrauen der Kunden in die Arbeit der Mediapulse wieder zurückzugewinnen. Das hatte nach der missglückten Umstellung der TV-Datenverarbeitung im 2013 arg gelitten. Mit der Problematik rund um das Simulcasting im 2014 tickte bereits eine neue Zeitbombe. Ich bin froh, dass es mit vereinten Kräften gelungen ist, diese zu entschärfen und eine allseitig akzeptable Lösung zu finden. Ich bin der Überzeugung, das Mediapulse heute wieder mit mehr Selbstvertrauen und Selbstverständnis im Markt agiert und wieder als treibende, gestaltende und dynamische Kraft in der Schweizerischen Medienforschung wahrgenommen wird. Diese spürbare Haltungsänderung war mir - bei allen bereits genannten Massnahmen - stets ein grosses Anliegen.»
Gibt es Punkte, die Sie rückblickend anders handhaben würden?
Von Weissenfluh: «Im Nachhinein ist man bekanntlich immer schlauer. Entscheidender ist vielmehr, dass man den Weg konsequent geht, den man einschlägt. Es war jedoch zum Beispiel nie meine Absicht, neben den beiden Präsidien bei Mediapulse auch noch die operative Führung zu übernehmen. Als jedoch die Neubesetzung der Geschäftsleitung nicht auf Anhieb gelang, blieb mir leider nichts anderes übrig. Rückblickend kann ich sagen, dass die Übernahme der operativen Leitung mit dem Vorteil eines sehr tiefen Einblicks in unsere Firma verbunden war. Dieser tiefe Einblick ist einem VR-Präsidium meist vorenthalten.»
Was steht noch auf Ihrer Liste bis im April 2017?
Franziska von Weissenfluh: «Die Mediapulse AG ist heute sehr gut aufgestellt. Die wichtigen Strategieprojekte ExplorRadio (Erneuerung der Schweizer Radioforschung per 01.01.2018), ViTo (Videototal - erweiterte TV-Forschung) und SMDH (Swiss Media Data Hub) stehen weiterhin ganz oben auf der Prioritätenliste von Mediapulse. Ich werde diese Projekte - und natürlich auch den weiteren Geschäftsgang bei Mediapulse - im Rahmen meiner Funktion weiterhin stark unterstützen und somit meine Funktionen auch weiterhin ausüben. Ein weiteres Ziel ist zeitnahe Besetzung der vakanten Stelle der Forschungsleitung. Es ist mir hierbei ein starkes Anliegen, dass diese Stelle bis zu meinem Rücktritt optimal besetzt werden kann. Ich werde alles daran setzen, dass ich meiner Nachfolge möglichst keine ausserordentlichen Pendenzen übergeben muss.»
Ist Mediapulse in der Radio- und TV-Forschung für die Zukunft gut aufgestellt?
Franziska von Weissenfluh: «Das kann ich mit gutem Gewissen mit ja beantworten. Die etablierte Forschung im Rahmen des TV- und Radio-Panels geniesst heute wieder das Vertrauen des Marktes. Darauf lässt sich bauen. Die Geschäftsleitung ist - abgesehen von der Vakanz in der Forschungsleitung - gut und schlagkräftig besetzt und wir verfügen über ausgewiesene Spezialisten und hervorragende Mitarbeiter. Sie vermögen die genannte Vakanz temporär zu überbücken.
Wie hat sich die Wahrnehmung der Währungsqualität von Mediapulse in den letzten Jahren verändert?
Von Weissenfluh: «Wie bereits eingangs erwähnt, führte die Erneuerung der TV-Forschung im Jahr 2013 zu einer Vertrauenskrise im Markt. Diese konnte nur durch eine offene und dialog-orientierte Arbeit und konstante Optimierungen überwunden werden. Heute geniessen beide Panels und somit auch die Währungsqualität eine breite Akzeptanz. Der Markt nimmt wahr, dass wir uns heute auch sehr engagiert für zukunftsfähige Forschungslösungen engagieren. Dazu gehört auch der bewusste Blick über den Tellerrand bzw. über die Silogrenzen hinweg. Ein aktuelles Beispiel ist, dass wir uns zusammen mit der WEMF im Projekt SMDH für eine zukünftige, konvergent ausgerichtete Medienforschung engagieren. Mediapulse steht heute wieder aktiv und gestaltend im Markt. Darauf bin ich sehr stolz!»
In der Mediapulse AG sowie in der Stiftung Mediapulse sind zahlreiche, nicht immer gleichlaufende Interessen angesammelt. Ist es Ihnen gelungen, diese Interessen in eine gemeinsame Richtung zu bringen? Wo bestehen die grössten Differenzen?
Franziska von Weissenfluh: «Wir können es definitiv nicht allen recht machen, denn die Bedürfnisse der einzelnen Marktteilnehmer divergieren teilweise - und naturgemäss - doch sehr stark. Das lässt sich grundsätzlich nicht ändern, sondern widerspiegelt vielmehr die lebendige Vielfalt unserer Schweizer Medienlandschaft. Es ist und war mir in meiner Amtszeit jedoch ein sehr grosses Anliegen, alle diese Bedürfnisse kennenzulernen und den persönlichen Kontakt zu unseren Kunden und Partnern zu pflegen. Unsere Arbeit lebt immer auch vom Kompromiss, bzw. einer hohen Konsens-Bereitschaft aller Marktteilnehmer. Und Kompromissbereitschaft soll ja eine gutschweizerische Eigenschaft sein.»
Klein Report: Gemeinsam mit der WEMF AG wird der Swiss Media Data Hub realisiert: Weshalb haben Sie sich entschlossen, Mediapulse bereits vor dem Abschluss dieses Projekts zu verlassen?
Franziska von Weissenfluh: «Dieses Projekt ist eine Herausforderung, die nicht auf ein Datum hin als abgeschlossen bezeichnet werden kann. Der Swiss Media Data Hub ist die Chance, in der schweizerischen Medienforschung, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen. Ich habe vor Jahresfrist diese Idee eines Schweizerischen Daten-Media Hubs initiiert, auf strategischer Ebene angestossen und bis jetzt in allen Phasen begleitet. Das Projekt ist unterdessen bereits tief in der konzeptionellen Planungsphase und somit auf der operativen Ebene angelangt. Es arbeiten hervorragende Köpfe und Spezialisten an der schrittweisen Umsetzung dieser Hub-Idee. Kurz: Das Projekt ist in guten Händen und geniesst breite Zustimmung. Das ist eine grosse Befriedigung und ich werde mit Interesse die Weiterentwicklung mitverfolgen. Und wie bereits erwähnt, liegt der Grund für meinen Rücktritt nicht bei einzelnen Projekten von Mediapulse, sondern vielmehr im persönlichen Bereich.»
Welches sind die weiteren Gründe für Ihren Rücktritt?
Von Weissenfluh: «Ich schätze mich glücklich, in diversen anderen Branchen äusserst interessante VR-Mandate wahrnehmen zu dürfen. Bei der Messeveranstalterin BERNEXPO AG z.B. stehen grosse Bauvorhaben an, die mich als Verwaltungsratspräsidentin fordern werden. Darum wünschte ich mir, ab Frühjahr 2017 meine Agenda neu einteilen zu können.»
Welche Eigenschaften muss eine Person mitbringen, um Ihre Nachfolge antreten zu können?
Franziska von Weissenfluh: «Die Beantwortung dieser Frage überlasse ich nun gerne den dafür zuständigen Gremien.»