Die Zukunft der TV-Werbung ist «zielgruppenspezifisch» - so will es der Bundesrat, so sieht es sein Entwurf zur neuen Radio- und Fernsehverordnung (RTVV) vor. Umstritten ist, ob auch Fernsehsender, die nicht von Admeira vermarktet werden, Teil dieser Zukunft sind.
Denn zielgruppenspezifische Werbung funktioniert, so sagt es bereits der Begriff, über die Einteilung von TV-Zuschauerinnen und-Zuschauern in verschiedene Zielgruppen. Diese Differenzierung erfolgt etwa anhand des TV-Konsumverhaltens. Denn dieses lässt mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit darauf schliessen, ob ein TV-Nutzer beispielsweise männlich oder weiblich, alt oder jung ist.
Solche Daten sammelt die Swisscom über ihre TV-Boxen, welche an die Fernsehgeräte ihrer Abonnenten angeschlossen sind. Davon profitiert Admeira, also das Vermarktungskonglomerat, an dem neben Swisscom auch die SRG und Ringier beteiligt sind: Admeira kann aufgrund des medienpolitisch umstrittenen Zusammenschlusses die Swisscom-Daten für zielgruppenspezifische Werbung nutzen.
Nicht so Goldbach Media, grösster Konkurrent von Admeira im Bereich der TV-Vermarktung. Das Unternehmen stört sich daran, dass die werberelevanten Swisscom-Daten nur für Admeira zugänglich sind. So kritisierte Jürg Bachmann, Leiter Kommunikation der Goldbach Group, gegenüber dem Klein Report: «Da zielgruppenspezifische TV-Werbung via Swisscom-Daten ausgeliefert wird, können nur Sender von Admeira von dieser neuen Werbemöglichkeit profitieren.»
Zwar erhebe die Swisscom auch Daten von Sendern, die nicht durch Admeira vermarktet werden. Diese stelle sie den Sendern jedoch nicht zur Verfügung. So kommt Jürg Bachmann zum Schluss, dass der Bundesrat mit der neu vorgesehenen Werbemöglichkeit nicht alle Sender und Vermarkter gleichermassen, sondern in erster Linie Admeira und die SRG bevorzuge.
Ein Vorwurf, der vom Bundesamt für Kommunikation (Bakom) entschieden zurückgewiesen wird. Die Verordnungsänderung soll «allen konzessionierten Veranstaltern gleichermassen ermöglichen, auf veränderte Werbemöglichkeiten zu reagieren», so Bakom-Sprecherin Silvia Canova zum Klein Report.
Dass zielgruppenspezifische Werbung hauptsächlich oder sogar ausschliesslich über Admeira möglich ist, dementierte Canova: «Jede Fernmeldedienstanbieterin kann Werbung zielgruppenspezifisch ausstrahlen, wenn die technischen Voraussetzungen entsprechend eingerichtet sind (zum Beispiel Set-Top-Box beim Kunden).»
Mit anderen Worten: Neben der Swisscom können auch TV-Anbieter wie UPC oder Sunrise über ihre TV-Boxen die vielbesagten wertvollen Kundendaten sammeln und diese für zielgruppenspezifische TV-Werbung nutzen. Und somit kommen nicht nur die von Admeira vermarkteten Sender in den Genuss der neuen Werbemöglichkeit. Eine Möglichkeit, die derzeit noch nicht genutzt wird, wie die Recherchen des Klein Reports zeigen.
So erklärte Rolf Ziebold, Unternehmenskommunikation Sunrise, auf Nachfrage und ohne weitere Begründung, dass bei Sunrise derzeit keine Daten über die TV-Box für zielgruppenspezifische Werbung via TV erhoben werden. Man werde informieren, wenn eine «diesbezügliche Funktionalität» eingeführt wird, sagte Ziebold.
Einen Schritt weiter ist UPC: Man sammle zwar Nutzerdaten über die eigenen TV-Boxen, nutze diese allerdings «vor allem für die Empfehlung von TV-Programmen, Filmen und Serien», wie Sprecher Bernard Strapp auf Nachfrage des Klein Reports ausführte. Die Möglichkeit, über UPC-Boxen zielgruppenspezifisch zu werben, «gibt es noch nicht, wird aber geprüft», sagte Strapp.
So könnte neben der Swisscom auch UPC das fehlende Puzzleteil für zielgruppenspezifische Werbung liefern. Zur Frage, weshalb Goldbach Media für zielgruppenspezifische Werbung nicht auf die Daten von UPC zurückgreift, will das Vermarktungsunternehmen «zum aktuellen Zeitpunkt kein Statement» abgeben, wie es aus Küsnacht-Goldbach heisst.
Unklar ist zudem, ob diese Werbung dann bei UPC als TV-Plattform, direkt bei den Fernsehsendern selber oder beim Vermarktungsunternehmen Goldbach Media buchbar wäre: «Das wird erst dann relevant, wenn wir es anbieten», so Bernard Strapp von UPC.
