Der grüne Nationalrat Raphaël Mahaim will verhindern, dass ressourcenstarke Unternehmen oder Privatpersonen mithilfe von Gerichtsklagen ein Powerplay gegen einzelne Medien auffahren können. Gegen den Vorstoss regt sich Widerstand.
«Slapp» heisst auf Englisch «Ohrfeige». Slapp steht aber auch für «Strategic Lawsuits Against Public Participation»: Klagen also, mit denen Medienschaffende eingeschüchtert und ihre Verlage in teure Gerichtsverfahren verwickelt werden sollen.
Solche Klagen werden oft auch dann eingereicht, wenn sie keine Chance auf Erfolg haben. Besonders hart treffen Slapps die kleineren Verlage, die sich keine eigenen Rechtsdienste leisten können.
Ein Vorstoss im Nationalrat verlangt nun nach Gegenmassnahmen. «Konkret muss auf zwei Ebenen gehandelt werden», sagte der Initiant Raphaël Mahaim gegenüber dem Klein Report: «Erstens sollen Instrumente bereitgestellt werden, die es den Richtern ermöglichen, schnell endgültige Entscheidungen zu treffen, um eine lange Sperrung einer Veröffentlichung zu vermeiden. Zudem sollen Instrumente finanzieller Art zum Schutz der Medien und zur Abschreckung eingeführt werden.»
Dabei denkt der 38-jährige Grünen-Politiker, der erst seit Februar 2022 im Nationalrat sitzt, an einen Fonds zum Ausgleich von Schäden, die den Medien durch eine Slapp entstehen, und auch Geldstrafen im Falle einer nachgewiesenen Slapp.
Mitte November hat die Rechtskommission des Nationalrats über den Vorstoss diskutiert – und ihm nicht Folge geleistet. Argument: In der Schweiz gebe es missbräuchliche Klagen gegen Medien nur «äusserst selten».
Raphaël Mahaim dagegen sagt: «Slapps sind auf dem Vormarsch». Und er hat auch seine Vermutungen, woher der Wind weht in der Rechtskommission, in der er selber auch mitdiskutiert: «Unter den Kollegen, die meinen Vorstoss abgelehnt haben, gibt es viele, die dies gerade deshalb getan haben, weil sie, manchmal sogar als Anwälte, eher im Interesse der Personen oder Unternehmen handeln, die solche Mechanismen nutzen, um die Medien von Recherchen abzuhalten», so der Romand zum Klein Report.
Die besonders klagefreudigen USA haben seit vielen Jahren Anti-Slapp-Gesetze. Und die EU-Kommission hat im April 2022 erkannt, dass es Handlungsbedarf gibt, und einen Entwurf für eine Richtlinie vorgelegt.
Obwohl der vom Bundesamt für Kommunikation (Bakom) in Kooperation mit der Medienbranche lancierte «Aktionsplan für die Sicherheit von Medienschaffenden» auch missbräuchliche Gerichtsklagen im Auge hat, weht der Wind im Parlament derzeit aber aus der Gegenrichtung: Am 10. Mai erst haben National- und Ständerat die Hürden für superprovisorische Verfügungen erleichtert – und damit Slapps gefördert. Eine Ohrfeige für die Medien.
Aber nicht nur der Journalie machen die Slapps zu schaffen, sondern auch den Nichtregierungsorganisationen wie zum Beispiel dem Bruno Manser Fonds oder Public Eye, die immer mal wieder mit Klagen eingedeckt werden wegen ihren Recherchen und Kampagnen.
Rafaël Mahaim, der seinen Slapp-Vorstoss nur einen Tag nach der Erleichterung der Superprovisorischen lancierte, kennt das aus eigener Anschauung. Als Anwalt vertritt er neben Journalisten auch Nichtregierungsorganisationen vor Gericht. Seine Doktorarbeit hat er in Umweltrecht geschrieben, und er gehört zum Beispiel zu dem Advokaten-Team, das die Schweizer «Klima-Seniorinnen» vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vertritt.
«Als Rechtsanwalt bin ich persönlich damit konfrontiert, dass meine Mandanten eigentlich ja nur ihre Arbeit machen, sich dabei aber mit sehr langwierigen und kostspieligen Verfahren konfrontiert sehen, deren einziger Zweck es ist, sie einzuschüchtern oder in ihren Recherchen zu behindern», sagte Mahaim weiter zum Klein Report. Die finanziellen Mittel, die gegen die einzelnen Medien in die Hand genommen werden, seien «oft enorm».
Sich keine Sorgen um Slapps zu machen, bedeute, dabei zuzusehen, wie einzelne Akteure die Pressefreiheit untergraben können, ist der der Nationalrat überzeugt.