48 Prozent der medialen «Meinungsmacht» in der Schweiz liegt in den Händen von SRG und Tamedia. Zu diesem Schluss kommt zumindest der neue «Medienmonitor», mit dem das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) die Medienlandschaft in Zukunft beobachten will.
«In vielen Räumen formiert sich ein ´Duopol` mit der SRG und Tamedia», schreiben die Autoren vom Kilchberger Forschungsbüro Publicom. Es sei jedoch «nicht anzunehmen, dass in absehbarer Zeit ein einziger Anbieter in einem der 18 untersuchten Märkte zu dominant werden könnte», relativieren die Autoren in der am Dienstag veröffentlichten Studie den markigen «Duopol»-Begriff im Nachsatz.
Über alles gesehen gäbe es nach wie vor «genügend Alternativen», um sich aus unterschiedlichen Quellen zu informieren - trotz «unliebsamer Konzentrationstendenzen». Das Schweizer Mediensystem habe im Untersuchungsjahr 2017 insgesamt für eine «ausgewogene Meinungsbildung» der Schweizer Bevölkerung gesorgt, so das Hauptfazit von Publicom.
Die Studie operiert mit dem Begriff der «Meinungsmacht»: Auf nationaler Ebene kommt die SRG auf einen Anteil von 31 Prozent. In allen 18 untersuchten Märkten liegt sie an der Spitze. Tamedia verbucht 17 Prozent am nationalen Meinungsmarkt. Damit ist der Konzern von der Zürcher Werdstrasse «die führende private Medienanbieterin».
Zur SRG-Meinungsmacht tragen die fünf Marken SRF 1, Radio SRF 1, Radio SRF 3, RTS Un und La Première am meisten bei. Die Top Five bei Tamedia wird von der dreisprachigen «20 Minuten»-Marke angeführt, gefolgt von «Tages-Anzeiger», «Le Matin», «24 heures» und «Berner Zeitung».
Doch was ist «Meinungsmacht» eigentlich? In dem Begriff haben die Publicom-Studienmacher zwei Grössen miteinander verknüpft: Eine «qualitative Markenleistung» und eine «quantitative Marktmacht». Die «Markenleistung» meint die Art, wie die Leser, Hörer oder Zuschauer die Medienmarken bewerten. Publicom hat dazu Leute befragt, etwa 2500 Interviews sind in die Daten eingeflossen. Für die «Marktmacht» benutzten die Studienautoren die bestehenden Reichweiten-Währungen von Mediapulse, Wemf und Net-Metrix.
Die anderen Medienhäuser fallen hinter dem SRG-Tamedia-«Duopol» deutlich zurück: Ringier erreicht 7 Prozent am nationalen Meinungsmarkt (vor allem mit «Blick», Radio Energy, «Blick am Abend»), die NZZ-Mediengruppe kommt auf 6 Prozent (vor allem mit «Neue Zürcher Zeitung», «Luzerner Zeitung», Radio FM1), und die AZ Medien erreichen 5 Prozent (vor allem mit TeleZüri, Radio 24, «az Aargauer Zeitung»).
Die Somedia mit Sitz in Chur, die Groupe ESH Médias - eine Tochter des französischen Hersant-Konzerns mit Sitz in Neuenburg - die Tessiner Corriere-del-Ticino-Gruppe sowie die Basler Zeitung Medien teilen sich zusammen 3 Prozent der Meinungsmacht schweizweit. Die Übernahme der «Basler Zeitung» durch Tamedia erfolgte erst nach dem Zeitpunkt der Studienerhebung.
Die verbleibenden 30 Prozent Meinungsmacht teilt sich ein Sammelbecken mit «übrigen Unternehmen»: Dazu gehören fast 80 der 170 untersuchten Medienmarken. Da sie nicht mit einer Stimme sprechen, tragen sie einen nicht zu vernachlässigenden Teil zur Medienvielfalt bei. Zu den «übrigen» zählen kleinere Schweizer Medienhäuser, die regionale Radio-, Print- oder TV-Marken anbieten, aber vor allem auch ein paar ausländische Meinungsmacht-Schwergewichte im TV sowie die Reichweiten-Brocken der Schweizer Detailhändler: ARD, ZDF und RTL führen die Top Five an, gefolgt von der «Coopzeitung» und dem «Migros-Magazin».
Auch in der Deutschschweiz zeichnet sich das «Duopol» deutlich ab: Die SRG ist mit 31 Prozent der gesamten Meinungsmacht wichtigster Konzern diesseits des Röstigrabens und Tamedia erreicht einen Anteil von 16 Prozent. Mit 8 Prozent liegt die NZZ-Mediengruppe auf Platz drei, Ringier erzielt ebenfalls 8 Prozent und die AZ Medien erreichen 7 Prozent.
Wie auch auf nationaler Ebene machen die «übrigen Unternehmen» ein bedeutendes Kuchenstück aus: 28 Prozent der Meinungsmacht liegt in ihren Händen, wobei hier die ausländischen TV-Sender mit ARD, ZDF, RTL, Sat 1 und Pro Sieben die Top Five unter sich ausmachen.
In der Umfrage haben die Studienmacher die Mediennutzer nach ihrer «allgemeinen Informationsnutzung» befragt. Wie sie sich informieren bei speziellen Ereignissen wie Abstimmungen oder der Fussball-WM, darüber kann der «Medienmonitor» nichts aussagen.
Zudem beziehen sich die Ergebnisse auf das Jahr 2017. Die Fusion der Regionaltitel von AZ Medien und NZZ sowie die Übernahme der «Basler Zeitung» durch Tamedia sind noch nicht berücksichtigt.
Das Bakom will den «Medienmonitor» künftig jährlich durchführen lassen. Für die ersten vier Jahre hat es den Auftrag an Publicom vergeben.