Nicht nur bei den Mantel-Zeitungen von Tamedia oder CH Media werden journalistische Inhalte immer häufiger mehrfach verkauft. Auch bei den SRF-Sendern hat die Mehrfachverwertung Einzug gehalten. Wann leidet die Qualität?
So hat Radio SRF 3 im Februar 2021 zum Beispiel ein fünfminütiges «Echo der Zeit»-Feature zu einem noch dreiminütigen «Info 3»-Beitrag verkürzt – und musste sich damit prompt vor der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) wegen unzulässiger Verknappung rechtfertigen.
Angekündigt worden war der Radiobeitrag unter dem Titel «Baustellenalltag: Eine Toilette für 50 Personen». Er berichtete von der Arbeitssituation auf Zürcher Baustellen unter den Bedingungen des Pandemie-Winters.
Zu Wort kamen verschiedene Bauarbeiter und eine Vertreterin der Gewerkschaft Unia. Erwähnt wurde eine Stellungnahme eines Vertreters des Schweizerischen Baumeisterverbands (SBV).
Dieser fühlte sich übergangen. Bei der UBI beschwerte sich der Branchenverband über die «einseitige und unvollständige Information», wie aus der jüngst veröffentlichten Stellungnahme der Medienaufseher hervorgeht.
Grundlage des Beitrags habe eine Einladung der Unia zu einer organisierten Baustellenbegehung gebildet. SRF habe sich «für eine Medienkampagne einspannen lassen».
Zwar habe SRF nicht nur mit den Bauarbeitern und den Gewerkschaftlern gesprochen, sondern auch mit dem stellvertretenden SBV-Direktor. Im Beitrag sei aber lediglich die Ansicht der Gewerkschaften dargestellt worden.
Wichtige Hintergründe, wie etwa, dass Kontrollen von einer unabhängigen Behörde (Suva) durchgeführt würden und die Auswahl der Baustellen durch die Unia erfolge, seien nicht erwähnt worden. Mit dem Beitrag habe «Info 3» suggeriert, dass es sich um ein Problem der gesamten Baubranche handelt.
Tatsächlich war im ungekürzten Originalbeitrag im «Echo der Zeit» auch der SBV-Vertreter im O-Ton zu Wort gekommen, woran die Baumeister auch nichts auszusetzen hatten. Nicht aber in der Kurzversion auf Radio SRF 3.
Wie die Baumeister vermochte der Beitrag auch die UBI «nicht in jeder Hinsicht zu befriedigen». Bei der nur sehr knappen Wiedergabe des Standpunkts der kritisierten Bauunternehmer habe es die Redaktion übertrieben mit der Kürze in der Würze, kam das Gremium zum Schluss.
«Ein aufsichtsrechtliches Eingreifen rechtfertigt sich jedoch erst dann, wenn die festgestellten Mängel den Gesamteindruck in rechtserheblicher Weise beeinflussen und die freie Meinungsbildung der Zuhörenden verunmöglichen» – wobei sich die UBI hierbei auf ein Bundesgerichtsurteil von 2017 stützt.
Dies sei hier nicht der Fall. Denn das zentrale Argument der Baumeister sei, wenn auch nur super kurz, erwähnt worden. Der Fokus der Sendungsmacher auf den konkreten Baustellenalltag während des Pandemie-Winters sei für die Zuhörer erkennbar gewesen. Und dies habe «zwangsläufig zu einer nicht zu beanstandenden Übergewichtung von Argumenten der Bauarbeiter» geführt.
«Info 3» hat mit der Raffung das Programmrecht nicht verletzt, befand das neunköpfige Gremium mit nur einer Gegenstimme.