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Freitag
08.07.2022

Medien / Publizistik

srf.ch kleistert Informationsschienen über Grossbritannien voll. Zuerst die Queen, jetzt Boris Johnson...        (Screenshot SRF)

srf.ch kleistert Informationsschienen über Grossbritannien voll. Zuerst die Queen, jetzt Boris Johnson... (Screenshot SRF)

SRF, «Blick», NZZ, «20 Minuten»: Dieselben Bilder, dieselben Schlagzeilen. Es ist als wäre die Schweiz Grossbritannien geworden. 

srf.ch titelt in bester Boulevard-Manier einen Dreiteiler, mit Fotos auf allen Kanälen: «Der britische Premierminister Boris Johnson tritt von seinem Amt als Parteichef zurück. Der 58-Jährige ist damit in Kürze auch sein Amt als Regierungschef los. Boris Johnson sagte allerdings vor den Medien, er wolle im Amt bleiben, bis seine Nachfolge als Premierminister geregelt sei.»

Alle Schweizer News weichen den Ereignissen in Grossbritannien. Was passiert da?

Redaktionen müssen schon längst ihre Beiträge plattformisieren, also nach den Logiken von Codes und sozialen Medien distribuieren, um viel Aufmerksamkeit zu generieren. Die dadurch entstehende fehlende Medienvielfalt ist also, wie ein neuer Bericht der Otto Brenner Stiftung feststellt, ein gravierendes Problem für die Demokratie.

Der Klein Report sekundiert diese Sorge am Beispiel der flächendeckenden Boris-Johnson-Berichterstattung aller öffentlich-rechtlichen und privaten Medien. Es ist lange her, dass ein Schweizer Thema so die Schweizer Medien beschäftigte. Themen notabene, die Bürger und Bürgerinnen der Schweiz betreffen, da sie als politisch Befähigte diese Themen mitdiskutieren und mitgestalten könnten.

Doch statt die Menschen hierzulande über wichtige innenpolitische Vorlagen zu informieren, benimmt sich vor allem srf.ch mitunter wie ein Informationssender aus Grossbritannien, grad so als könnten wir Schweizer und Schweizerinnen Boris Johnson abwählen.

Der Trend zur Einthemen- und Einbilder-Berichterstattung stellte der Klein Report schon beim Jubiläum der Queen in diesem Jahr fest. Der «Otto Brenner Report» konstatiert wissenschaftlich, wie verheerend es für die Demokratie ist, wenn Bürger und Bürgerinnen nicht über die Politik vor Ort informiert, sondern mit Plattform-Trends beschallt werden.

Ironisch fragt der Klein Report: Könnte es sein, dass viele Leute der SRG und in anderen Schweizer Medien davon träumen, sich vielleicht mit der britischen Insel als Anti-EU-Verbündete zusammenzuschliessen und deshalb über Vorgänge im britischen Königreich so berichten, als würden sie in Zürich stattfinden?