Das Fernsehen sei linkslastig, wird von der rechten Seite schon seit Jahren wie in einem Mantra wiederholt, egal wer in der «Arena» auftreten darf oder auch hinter den Kameras arbeitet.
Beim Sender wird das ebenso regelmässig bestritten. In einem Onlinevideo hat SRF-Chefredaktor Tristan Brenn vor ein paar Monaten betont, dass die privaten Meinungen der Journalistinnen und Journalisten bei SRF «keine Rolle spielen dürfen».
Trotzdem haben die Beschwerdeinstanzen SRF in den letzten Monaten mehrmals «wegen einseitiger Berichterstattung gerügt». Kritisiert wurden die «Arena», die «Rundschau» oder im Radio «Echo der Zeit».
Nun reagiert der Sender, wie die «SonntagsZeitung» weiss. SRF habe intern einen Kurs ausgeschrieben unter dem Titel «Politisch objektiv berichten». In der Ausschreibung stehe: «Wir müssen täglich daran arbeiten, vorurteilsfrei und politisch objektiv zu berichten – keinen ‚bias‘ in unserer Arbeit haben.»
Der Fachausdruck ist das englische Wort für Befangenheit, Vorurteil oder Voreingenommenheit und bezeichnet auch die subjektive Verzerrung der Wahrnehmung, Erinnerung und Meinungsbildung.
Die Idee zu diesem Kurs sei im publizistischen Ausschuss entstanden. Für die Durchführung sei SRF-Personalchef Gerhard Bayard verantwortlich. Er meint, die Rügen der Beschwerdeinstanz seien nicht ausschlaggebend gewesen. «Diese Stellen kommen in den meisten Fällen zum Schluss, dass SRF unabhängig berichtet.»
Bayard sieht das Angebot somit als Selbstreflexion. Dass SRF sein Angebot selbstkritisch «auf blinde Flecken» überprüfe, gehöre «zum Alltag».
Das einstündige Webinar ist auf den 1. Juni terminiert. Geleitet wird es von Marko Kovic. Was bereits eine erste Diskussion ausgelöst hat, denn der bekannte Kommunikationswissenschaftler bezeichnet sich offen als Sozialist und kritisiert auf Twitter regelmässig die SVP und rechte Positionen.
Bei SRF weiss man auch diese Vorverurteilung zu kontern: «Kovic wird nicht als politischer Meinungsträger auftreten, sondern als Sprachwissenschaftler, der sich intensiv mit dem Thema Bias auseinandersetzt.»
Bei der «SonntagsZeitung» wollte man mehr von Marko Kovic zu seinem Kurs erfahren. «Er wollte seine Zitate aber nicht zur Publikation freigeben», heisst es.
Auf Twitter wehrt sich Marko Kovic inzwischen, dass er dem SoZ-Redaktor Rico Bandle angeboten habe, als Externer selbst an diesem Webinar teilzunehmen, um den Inhalt kritisch prüfen zu können. «Das lehnte Bandle ab – und verschweigt im Artikel, dass er dazu die Möglichkeit hatte.» Das sei «insgesamt ein unfreiwillig lustiges Beispiel für, nun ja – bias.»