In der Jubiläumsausgabe von «20 Minuten» unter dem Titel «Das Beste aus 25 Jahren – wir feiern mit dir!» feierte auch die künstliche Intelligenz (KI) mit. Aber nicht so, wie sich das die Redaktionsleitung wünscht.
Auf der letzten Seite kam es zum kleinen Desaster in der Rubrik «Warum liest du 20 Minuten?». Aufgeflogen war die Sache, nachdem ein Leser beim Studium der Jubiläums-Printausgabe von Anfang September «stutzig geworden war», schrieb Lukas Hässig auf «Insideparadeplatz» dazu.
«Zwei junge Männer waren zu sehen, einer mit asiatischem Touch, der andere etwas dunkelhäutig. Es rieche nach Artificial-Intelligence-Bildern, so der Kritiker.»
Und so war es, die beiden Fotos waren «fake». Kurz darauf sei die «20 Minuten»-Spitze zu Kreuze gekrochen. Das Pendlerblatt (TX Group) habe einen «Kadermann gekickt».
«Es handelt sich um einen isolierten Vorfall, der auf Eigeninitiative von zwei Mitarbeitenden geschehen ist und von dem weder die Chefredaktion noch die Redaktionsleitung Kenntnis hatten», erklärte eine Sprecherin von 20 Minuten gegenüber dem Klein Report.
Auf die Frage, ob es nach dem KI-Gate zu zwei Entlassungen gekommen ist, sagte sie: «Wir können bestätigen, dass es in diesem Zusammenhang zu zwei Freistellungen von direkt involvierten Mitarbeitenden gekommen ist. Damit sind die personellen Massnahmen abgeschlossen. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes können wir dazu keine weiteren Angaben machen.»
Nach so einem Vorfall ist es mittlerweile Usanz, dass Chefredaktionen und die Verlagsleitung ein paar Kilo Staub auf ihre Häupter schütten und mea culpa schreien. Nachdem die «20 Minuten»-Spitze das getan hatte, fragte der Klein Report nach, was unternommen werde, um so einen eklatanten Missbrauch von KI in Zukunft zu verhindern: «Wir unternehmen bereits viel, um Inhalte zu verifizieren, etwa indem wir konsequent Faktenchecks (Bild, Video, Text) durchführen. Mit unseren publizistischen Leitlinien haben wir schriftlich definierte Standards, die für die Mitarbeitenden bindend sind. In den Leitlinien ist die Faktentreue als oberstes Gebot festgehalten. Ebenso das explizite Verbot, fotorealistische Bilder mit einer KI zu erzeugen.»
Und wo setzt das Pendlerblatt KI im Arbeitsalltag der Redaktion ein? «Bei ‚20 Minuten‘ setzen wir künstliche Intelligenz bisher beispielsweise bei den automatisierten Übersetzungen in unserem Multilanguage Feature ein», so die Sprecherin gegenüber dem Klein Report. Dieses ermögliche es, die Newsartikel in neun verschiedenen Sprachen zu lesen. «Der Einsatz der KI wird prominent und klar deklariert.»
Ebenfalls unterstütze eine KI dabei, die Story-Auswahl für den täglichen Newsletter «Das hast du verpasst» für die eingeloggte Nutzerschaft – basierend auf den persönlichen Interessen – zusammenzustellen.
Ausserdem komme KI unterstützend im Kommentar-Management zum Einsatz. «Wenn Redaktorinnen und Redaktoren KI als Hilfsmittel einsetzen, sind sie für die Einhaltung der publizistischen Leitlinien verantwortlich. Aufgrund der rasanten Entwicklung prüfen und testen wir selbstverständlich laufend weitere Anwendungsbereiche.»