Seit Samstag diskutiert die Schweizer Medienwelt über einen direkten Draht zwischen dem Ringier-Verlag und dem Bundeshaus in Bern. Dieser Draht ist bei einem Verständnis der Medien als vierte Macht im Staat für einige Konkurrenten von Ringier zu heiss gelaufenen.
Auslöser waren Enthüllungen in der «Schweiz am Wochenende». Dort wurde berichtet, dass es während der Coronapandemie zu «intensiven» Kontakten zwischen Peter Lauener, dem ehemaligen Kommunikationschef von SP-Bundesrat Alain Berset, sowie Ringier-CEO Marc Walder gekommen sei. Dank dieser «Klüngelei» habe der «Blick» während der Coronapandemie regelmässig einen Vorsprung bei seiner Berichterstattung in Form von Primeurs für sich verbuchen können.
Inzwischen hat die Diskussion zu dieser Sachlage seine Fortsetzung gefunden.
In einer internen E-Mail moniert Ladina Heimgartner, Head of Global Media und CEO Blick-Gruppe, am Montag, dass CH Media vor der Publikation der Enthüllungen in der «Schweiz am Wochenende» weder Ringier noch die Blick-Gruppe mit den Vorwürfen konfrontiert habe.
Der Klein Report hat bei Patrik Müller, dem Chefredaktor der «Schweiz am Wochenende» nachgefragt, was er von diesem Vorwurf halte.
Aus Davos, wo der Chefredaktor der Zentralredaktion von CH Media aktuell am WEF teilnimmt, hat den Klein Report eine klare Stellungnahme erreicht. Patrik Müller: «Unsere Berichterstattung ist mit Dokumenten belegt. Ringier wurde um eine Stellungnahme gebeten.»
Der Widerspruch in der Aussage von Ringier und der Antwort ist für den Klein Report nicht die einzige Ungereimtheit in dieser Angelegenheit. So meinte man bei Ringier auf Anfragen von anderen Medien, man nehme «keine Stellung zu einem laufenden Verfahren». Trotzdem hat ein internes Mail an die Redaktionsmitarbeitenden am Montag den Weg zur Redaktion des Branchenblattes Persönlich gefunden. Das Informationsmail ist eine einzige offizielle Abwehrstrategie.
Bei der «Blick»-Führung mit Chefredaktor Christian Dorer und Ladina Heimgartner wird in dieser E-Mail an die Mitarbeitenden die Verantwortung zu zwei Corona-Geschichten (Impfstoffbeschaffung und Lockerung von Coronamassnahmen) ihren angestellten Journalisten zugeschoben. Die namentlich genannten Journalisten werden explizit für ihre Primeurs gelobt.
Mit diesen beiden Geschichten versucht man den angeschossenen Ringier-CEO Marc Walder zu entlasten. Er sei in beide Geschichten «in keiner Weise involviert» gewesen.
Auch hierzu hat Chefredaktor Patrik Müller dem Klein Report erklärt: «Namen einzelner Journalistinnen und Journalisten haben wir bewusst nicht genannt.»
Zwei «normal gelaufene» Corona-Geschichten will die Blick-Führung mit Ladina Heimgartner und Christian Dorer zur (einseitigen) Beweisführung in die Medienwelt tragen. Der «Tages-Anzeiger» weiss am Montag zu berichten: «Über 180 Kommunikationsvorgänge sind dokumentiert» und schreibt deshalb von einer «Corona-Standleitung» zwischen Ringier und dem Bundeshaus.
Die Abwehrstrategie von Heimgartner und Dorer mutet befremdlich an, da es sich um eine grössere Menge an belastenden E-Mails zwischen dem ehemaligen Berset-Kommunikationschef Peter Lauener und Ringier-Chef Marc Walder handelt, die dementsprechend in vielen Corona-Geschichten der Boulevardzeitung vorzeitig erschienen sind. Die explizite Namensnennung einzelner Journalistinnen und Journalisten durch Heimgartner und Dorer scheint ein vorgeschobener Schutzschild.
Man könnte es auch eine billige Sippenhaft nennen.
Die Corona-Indiskretionen bringen Alain Berset in Erklärungsnot. Neben verschiedenen Kommentierenden ist die SRF-Community am Montag zum Schluss gekommen: «Berset muss gehen – früher oder später.»