Die Affäre rund um den amtierenden Genfer Regierungsrat Pierre Maudet trägt Züge eines Westschweizer «House of Cards». Der «Tages-Anzeiger» vermeldete am Donnerstag, dass die Radiojournalistin Laetitia Guinand, die den Fall Maudet überhaupt erst richtig ins Rollen gebracht hatte, eventuell vom Westschweizer SRG-Sender RTS kaltgestellt wurde.
Die Investigationsreporterin recherchierte zu Maudets Reisen nach Abu Dhabi, brachte wichtige Fakten zum Mord an der Soziotherapeutin Adeline an die Öffentlichkeit und vieles andere mehr. Seit Monaten ist jedoch die Stimme von Laetitia Guinand im RTS nicht mehr zu hören, obwohl die Journalistin wohl die am besten geeignete Kommentatorin der Affäre Maudet wäre.
Pikant: Laut «Tages-Anzeiger» soll Eric Benjamin, Regionalvorstand der SRG Westschweiz, bei RTS-Direktor Pascal Crittin wegen Laetitia Guinand interveniert haben. Der Chefredaktor Laurent Caspary bestätigte der Zeitung, dass es Druckversuche seitens Personen, die «von Guinands Recherchen betroffenen» waren, gegeben habe. Man habe aber nie einen Beitrag von der RTS-Homepage genommen.
Nach der Aufregung um das Interview «Kein Meinungsjournalismus» der neuen SRF-Direktorin Nathalie Wappler gibt es nun eine Westschweizer-Affäre, die weit gravierender scheint und in Richtung «gelenkter Journalismus» weist.
Nicht nur die SRG wird sich mit den Vorgängen in der Westschweiz intensiv beschäftigen. Auch die Politik wird sich einmischen müssen, sollten sich die Vermutungen bestätigen, dass innerhalb der SRG die freie Ausübung der journalistischen Recherche vom eigenen Haus beeinträchtigt wird.