Die neue Mediapulse-Zahlen zeigen: Die Rekord-Reichweiten, die der Pandemie-Ausbruch 2020 dem TV bescherte, sind definitiv passé.
Als das unbekannte Coronavirus vor fast zwei Jahren die Menschen nervös machte, nahm die Nachfrage nach den Informations- und Unterhaltungsangeboten im TV sprunghaft zu. Damals schwelgte die Gattung in bisher ungesehenen Tagesreichweiten von 68 Prozent und immerhin noch 64 Prozent im zweiten Halbjahr 2020.
Je normaler das «New Normal» geworden ist, desto mehr sinken die Reichweiten nun wieder zurück auf das Niveau vor Corona. So lag die TV-Gesamtreichweite gemäss den neusten Zahlen von Mediapulse in der zweiten Jahreshälfte des vergangenen Jahres bei 61 Prozent. Ungefähr dort waren wir 2019 schon mal.
Dieser Trend bestätigt sich auch für die Sehdauer, also die tägliche TV-Nutzungszeit pro Person. Diese stieg von 123 Minuten im zweiten Halbjahr 2019 auf 133 Minuten im zweiten Halbjahr 2020 und liegt im abgelaufenen Semester bei 121 Minuten, wie aus den am Mittwoch publizierten Zahlen weiter hervorgeht.
Unverändert bleiben dagegen die altbekannten Unterschiede zwischen den drei Sprachregionen. Auch im zweiten Halbjahr 2021 werden die Angebote der TV-Sender südlich der Alpen mit einer Reichweite von 68 Prozent und einer Sehdauer von 148 Minuten deutlich stärker nachgefragt als in der Romandie (60 Prozent, 133 Minuten) oder in der Deutschschweiz (61 Prozent, 116 Minuten).
Die Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu geniessen, eine Dunkelziffer ist vorgrogrammiert. Denn die von Mediapulse betriebene Fernsehforschung gibt nur Auskunft über die lineare und zeitversetzte TV-Nutzung auf herkömmlichen TV-Geräten.
«Eine Messlösung für die Nutzung von TV-Angeboten über alternative Endgeräte ist bereits implementiert, erfasst diese Nutzungsform aber noch nicht vollständig, weshalb die entsprechenden Nutzungsdaten in der Statistik für das zweite Semester 2021 nicht enthalten sind», relativiert das Forschungsunternehmen die eigenen Ergebnisse.
Der Deutschschweizer TV-Markt wird weiterhin dominiert von SRF 1 mit 20,2 Prozent (zweite Jahreshälfte 2020: 20,8%) vor SRF zwei mit 8,9 Prozent (2020: 6,5%), ZDF mit 6,3 Prozent (2020: 5,8%), ARD mit 5,9 Prozent (2020: 5,4%) und RTL Schweiz mit 4,2 Prozent (2020: 4,8%).
Als erster Schweizer Privatsender folgen 3+ auf Platz 10 mit 1,7 Prozent, TeleZüri auf Rang 17 mit 0,9 Prozent und 4+ auf Rang 19 mit 0,8 Prozent.
Die TV-Sender feierten die neuen Zahlen jeder auf seine Weise. «Mit einem Marktanteil von 15,3 Prozent ist SRF 1 während der Primetime auch bei der Zielgruppe der 15- bis 29-Jährigen führend», strich zum Beispiel Leutschenbach seine jugendfreie Seite heraus, während sich CH Media umgekehrt staatstragend gab: Seine fünf TV-Sender TeleZüri, Tele M1, TeleBärn, Tele 1 und TVO hätten nicht nur «mit einer umfassenden und kritischen Berichterstattung zum Thema Corona» gepunktet, sondern auch «mit Spezialsendungen zu den nationalen und regionalen Abstimmungen und Wahlen».
Für die publikumsstärkste Sendung des Jahres war, wen wunderts, wieder mal die lederne Kugel verantwortlich: Mit nicht weniger als 1,506 Millionen Zuschauenden schaffte es das Gruppenspiel der Schweiz gegen die Türkei an der Fussball-EM zuoberst aufs Podest – noch vor dem historischen Achtelfinalsieg gegen Frankreich.