Die grossen Medienhäuser Ringier und Tamedia haben mit ihren Paradetiteln «Blick», «Blick am Abend», «Tages-Anzeiger» und «SonntagsZeitung» in den letzten sechs Monaten viele Leser und Leserinnen verloren. In die Riege der Verlierer reiht sich auch die «WOZ» ein. Gegenüber dem Klein Report erklären die Verantwortlichen die Gründe für diesen Rückgang.
«Wir legen den Fokus vermehrt auf unsere Bezahlmodelle und fahren deshalb die Gratisauflagen von `Tages-Anzeiger` und `SonntagsZeitung` kontinuierlich zurück. Dies hat einen Rückgang der kostenlosen Nutzung zur Folge, was sich als natürliche Konsequenz in der Reichweite niederschlägt», erläutert Nicole Bänninger, Medienverantwortliche bei Tamedia.
Die sinkenden Leserzahlen bei den beiden Ringier-Titeln «Blick» und «Blick am Abend», deren Print-Ausgaben 43 000 (-8,5 Prozent) beziehungsweise 25 000 (-4,2 Prozent) Leserinnen und Leser verloren haben, können laut Manuela Diethelm, Communications Manger Ringier, auf verschiedene Gründe zurückgeführt werden.
«Beim `Blick` schrumpfen die Abverkäufe am Kiosk leider überproportional stärker als die Abos, die seit Jahren erfreulich stabil liegen», erklärt Diethelm. Beim «Blick am Abend» seien die schrumpfenden Leserzahlen hingegen durch «Kostenmassnahmen» zu erklären.
So seien Anpassungen im Vertriebsnetz des «Blick am Abend» wie zum Beispiel «Optimierungen der Boxen-Standorte» vorgenommen worden. «Zudem geht das Mediennutzungsverhalten bei Pendlern immer mehr in Richtung Nutzung der mobilen Endgeräte. Davon ist auch der `Blick am Abend` Print betroffen», so Diethelm.
Eher überraschend ist der starke Leserrückgang bei der «WOZ – Die Wochenzeitung» (-23,8 Prozent), die zum gleichen Zeitpunkt im letzten Jahr noch einen Zuwachs an Lesern und Leserinnen verzeichnen konnte. Entsprechend ratlos über die Gründe zeigt sich Claudia Gillardon, Verantwortliche für Werbung und Marketing bei der Zeitung.
«In den letzten Jahren haben wir einige Überraschungen in Bezug auf unsere Reichweitenzahlen erlebt, und zwar nach oben und nach unten. Als kleinerer Titel sind wir vielleicht auch besonders überproportional von den Ausschlägen betroffen. Wenn man es sportlich formulieren will: You win some, you lose some», so Gillardon.
Eine potenzielle Erklärung findet Gillardon aber doch: «Eine mögliche Ursache für die gesunkene Reichweite könnte sein, dass wir im letzten Jahr etwas weniger Imagewerbung gemacht haben, die Reichweite kann ja als Indikator der aktuellen Markenbekanntheit gewertet werden.» Dies würde auch erklären, weshalb die Auflage und die Abozahl trotz sinkender Reichweite im dritten Jahr in Folge gestiegen sind.
Einen solchen Anstieg erwartet die «WOZ» auch bei den Nutzerzahlen der eigenen App und der Anzahl digitaler Abonnements, «da wir eine Kampagne für die Lancierung unserer App planen», verrät Gillardon.
Bereits erfolgreich im Netz unterwegs ist der «Blick», der 58 Prozent seiner kombinierten Gesamtreichweite der Onlinenutzung verdankt und damit den Leserverlust der gedruckten Zeitung kompensieren konnte.
Anders sieht es beim «Tages-Anzeiger» aus, der seinen Online-Leseranteil aufgrund von Bezahlmodellen nicht vergrössern konnte. «Paywall-Erweiterungen wie beispielsweise Abo+ im vergangenen Juni führen unweigerlich dazu, dass die kostenlose Nutzung und damit auch die Reichweite zurückgehen, da noch nicht alle Nutzerinnen und Nutzer bereit sind, für Inhalte zu zahlen», erklärt Nicole Bänninger.