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Montag
26.08.2024

Medien / Publizistik

An der Analystenkonferenz strahlte Pietro Supino wie ein Maikäfer, sekundiert im Hintergrund von Tamedia-CEO Jessica Peppel-Schulz (l.) und Ursula Nötzli, Chief Communications & Sustainability Officer TX Group AG...   (Bild © Klein Report)

An der Analystenkonferenz strahlte Pietro Supino wie ein Maikäfer, sekundiert im Hintergrund von Tamedia-CEO Jessica Peppel-Schulz (l.) und Ursula Nötzli, Chief Communications & Sustainability Officer TX Group AG... (Bild © Klein Report)

Am Hauptsitz des «Tages Anzeigers» an der Zürcher Werdstrasse läuft der Countdown. Und es geht die Angst um.

Am Dienstag werden die Halbjahreszahlen präsentiert. Schon am Montagabend soll die Belegschaft über die Massnahmen informiert werden.

Dass es sich dabei nicht nur um eine harmlose Vollzugsmeldung als Anlass für einen geselligen Firmen-Apéro handelt, lässt sich an der schwelenden Nervosität im Medienkonzern ablesen – aber auch an der Vorinformation der Entscheidungsträger: Das Kader wurde auf Pikett gesetzt und angehalten, am Montag und Dienstag keine Termine abzumachen.

Bereits vor einer Woche begann der Klein Report Fragen an verschiedene Medienstellen bei der TX Group – unter anderem auch an Tamedia – zu stellen: Ergebnislos. Eventuell schon weggespart. Die Bubenberg-Druckerei soll nämlich früher als geplant geschlossen werden.

Ein weiterer Grund der Nervosität liegt auf der Hand: Das gut dotierte Personal soll rationalisiert und aussortiert werden. Dass dies auch zulasten der Redaktion geht, ist absehbar. Doch noch herrscht ohrenbetäubendes Schweigen. Da die Massnahmen börsenrelevant sind, gilt das Prinzip der Geheimhaltung.

An der Zürcher Falkenstrasse beim NZZ-Verlag, der auch ein wichtiger Druck-Kunde bei der TX Group ist, wissen die Kollegen aber offenbar schon mehr. In einem ausführlichen Artikel in der «Neuen Zürcher Zeitung» vom Montag rückt Lucien Scherrer die neue TA-Media-CEO Jessica Peppel-Schulz in den Vordergrund.

Die 54-jährige Deutsche wurde von TX-Group-Präsident Pietro Supino im vergangenen Herbst auf den Posten gehievt und ins Rennen geschickt, um die nächste Sparrunde zu moderieren und orchestrieren.

Die «Neue Zürcher Zeitung» weiss, dass Peppel-Schulz wegen ihrer eigenwilligen Kommunikation beim Tagi-Personal einen zweifelhaften Ruf geniesst. Weil sie sich die künstliche Intelligenz zu Nutze macht und gerne als eigener Avatar auftritt, wird sie von der Belegschaft als «unser Avatar» bezeichnet.

Ennet dem Röschtigraben bestehe ausserdem das Gefühl, dass das Unternehmen von einem Sprachroboter geführt werde. Peppel-Schulz spreche schon fast Molière-Französisch – obwohl sie diese Sprache gar nicht richtig beherrscht.

Die «Neue Zürcher Zeitung» weiss aber noch mehr: Gemäss internen Quellen habe Jessica Peppel-Schulz den Auftrag, die Umsätze der Zeitungen stark zu steigern. Denkbar seien weitere Zusammenlegungen von Redaktionen, vermehrter Einsatz von künstlicher Intelligenz, baldige Druckereischliessungen und Entlassungen.

Bereits bekannt ist, dass die TX Group einen Verkauf ihrer drei verbliebenen Druckerei-Immobilien in Zürich, Bern und Lausanne prüft, wie das Unternehmen nach einer Publikation der «Neuen Zürcher Zeitung» Ende Februar unter der Schlagzeile «Ende einer Ära: Die TX Group plant Schliessung ihrer Tamedia-Druckereien» in einer Ad-hoc-Mitteilung bekannt geben musste.

Diesbezüglich liegen dem Klein Report Informationen vor, dass man mit Partnern und Druck-Kunden sehr hemdsärmelig umgeht. Es ist die Rede davon, dass man von der NZZ 1,5 Millionen Franken möchte, damit man die Druckerei weiterlaufen lasse. Auch der grosse Druck-Kunde Coop aus Basel hat diesbezüglich eine «Aufforderung» erhalten.

Der Klein Report erhielt von der NZZ auf die Frage, «dass sie 1,5 Millionen Franken beisteuern muss, damit ihre Druck-Aufträge noch weiter ausgeführt werden» am 20. August keine direkte Antwort, aber ein Statement von CEO Felix Graf. Das beinhaltete auch gleich die Frage, was die Alternativen für die NZZ bezüglich der bisherigen Druckaufträge, die sie bei der Tamedia ausführen lässt, seien.

«Sicherlich haben Sie Verständnis, dass wir zu Gerüchten grundsätzlich keine Stellung nehmen. Der Druck unserer Zeitungen ist durch einen langfristigen Druckvertrag mit Tamedia bis Ende 2027 fixiert. Unser bestehender Druckvertrag garantiert den Zeitungen der NZZ die bestehenden Druckfenster und Andruckzeiten», so die Antwort von Graf. «Wir sind mit Tamedia in Gesprächen über eine mögliche Anschlusslösung ab 2028 und prüfen parallel auch andere Optionen, um die Kontinuität und Qualität unserer Druckprodukte in Zukunft zu gewährleisten.»

Der langen Rede kurzer Sinn: An der Zürcher Werdstrasse herrscht tendenziell Ausverkaufsstimmung. Und der Sound dazu ertönt in teutonisch gefärbtem Managerenglisch.