Der «Tages-Anzeiger» aus dem Tamedia-Verlag (TX Group) sortiert sein Personal aus und strukturiert die Redaktion neu.
Vor allem der Sportteil wird «kastriert». Wegen der neuen Abschlusszeit um 21.00 Uhr sind Matchberichte unter der Woche künftig ausgeschlossen.
Nicht wenige Leute schätzten den «Tages-Anzeiger» für seine kompetente Sportberichterstattung. Vor allem die Spiele der Zürcher Fussball- und Eishockey-Klubs wurden in keiner anderen Publikation fachkundiger und prominenter abgehandelt. Doch damit ist nun fertig.
Aufgrund des vorgezogenen Redaktionsschlusses um 21.00 Uhr sind Matchberichte von Meisterschaftsspielen im Fussball und Eishockey tagesaktuell faktisch nicht mehr möglich.
Der «Tages-Anzeiger» informierte deshalb seine Leserschaft in der Ausgabe vom 18. September mit folgenden Zeilen: «Wegen Veränderungen im Druckzentrum Anfang 2025, die zu früheren Abschlusszeiten führen, passen wir unsere Eishockey-Berichterstattung bereits ab dem Saisonstart an, um nicht mitten in der Saison umzustellen. Matchberichte der ZSC Lions und des EHC Kloten finden Sie wie bisher auf unserer Website oder in der App, aber nicht mehr in der Printausgabe dieser Zeitung.»
Nur eine Ausnahme gönnt sich die (Zürcher) Zeitung im Tagesgeschäft: Dann, wenn die (Berner) Young Boys in der Champions League antreten.
Man könnte nun sagen: Der Matchbericht ist durch die immer flächendeckendere TV- und Online-Berichterstattung tatsächlich ein Relikt fürs Museum. Doch viele Leserinnen und Leser legen auch in der digitalen Epoche Wert auf die kommentierenden Analysen.
Es versteht sich von selber, dass mit der Straffung des Inhalts auch die Sportredaktion markant verkleinert wird. So wird der bisherige Sportchef Ueli Kägi neu Leiter des umstrukturierten Lokal-Ressorts. Seine Nachfolge tritt die bisherige Redaktorin Anna Baumgartner an.
Der erfahrene Sportjournalist David Wiederkehr übernimmt die Leitung des News-Digital-Desk. Andere ergreifen die Flucht nach vorne: Fussballreporter Florian Raz hat ebenso die Kündigung eingereicht wie Lauf- und Rad-Expertin Pia Wertheimer.
Nichts zu befürchten hat Fussball-Anchorman Thomas Schifferle. Er rettete sich (um im Fachjargon zu bleiben) über die Zeit (beziehungsweise ins Pensionsalter). Weil die Zeitung aber auch in der neuen Welt noch gefüllt werden muss – zumindest vorderhand –, bleibt er faktisch an Bord. Wenigstens eine gute Nachricht für die Leserschaft.
Dennoch könnten die Massnahmen auch als journalistische Bankrotterklärung verstanden werden. Denn bei allen Rochaden, Entlassungen und Neubesetzungen geht auf allen Ebenen vor allem etwas verloren: Fachkompetenz.