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Sonntag
31.07.2016

Medien / Publizistik

Geschwärztes in Ulrich Appenzellers Agenda

Geschwärztes in Ulrich Appenzellers Agenda

Hartnäckiger Journalist trifft auf verschwiegene Bundesbehörde: Ein Journalist der «SonntagsZeitung» / «Le Matin Dimanche» gelangte zum Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) mit dem Begehren, Einsicht in die Agenda des damaligen Rüstungschefs Ulrich Appenzeller zu erhalten.

Weil die Behörde auch zwei Jahre später noch die Transparenz verweigerte, musste nun das Bundesgericht letztinstanzlich die Frage beantworten, wie weit das gesetzlich verankerte Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung geht: Gilt es auch für die Outlook-Agenda des ehemaligen Rüstungschefs?

Geht es nach dem Öffentlichkeitsgesetz, hat grundsätzlich jede Person das Recht, amtliche Dokumente einzusehen. In der Praxis sieht das oft anders aus: So auch am 26. Mai 2014, als ein Journalist der «SonntagsZeitung» bei Armasuisse Einsicht in die Outlook-Agenda 2013 bis Mai 2014 des ehemaligen Rüstungschefs verlangte - vergeblich, wie sich herausstellen sollte.

Der Journalist liess nicht locker und stellte einen Schlichtungsantrag beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten. Doch obwohl dieser empfahl, Einsicht in die Agenda zu gewähren, stellte sich Armasuisse, die dem VBS angegliedert ist, nach wie vor quer. Mehr als eine geschwärzte Wochenübersicht wurde dem Journalisten nicht ausgehändigt.

Die Odyssee des Journalisten und der Zeitung ging deshalb weiter beim Bundesverwaltungsgericht. Und auch die Richter kamen zum Ergebnis, dass Armasuisse nicht ausreichend darlegte, aus welchen Gründen die Einsichtnahme in die Agenda des Rüstungschefs verweigert wurde. Die Beschwerde der «SonntagsZeitung» wurde teilweise gutgeheissen und die Sache wiederum an Armasuisse zurückverwiesen.

Doch Armasuisse verweigerte auch danach noch die Einsicht und wollte den Spiess kurzerhand umdrehen: Die Behörde bemühte nun seinerseits per Beschwerde die letzte Instanz, das Bundesgericht.

Die Lausanner Richter setzten sich zunächst mit der Frage auseinander, ob eine Outlook-Agenda überhaupt ein «amtliches Dokument» darstellt und somit dem Öffentlichkeitsprinzip unterliegt. «Obschon darin auch private Termine eingetragen wurden, dienten die elektronische Agenda und die darin enthaltenen Informationen hauptsächlich der dienstlichen Tätigkeit und der Amtsleitung», so die Richter. Die Frage wurde deshalb bejaht.

Weitere rechtliche Fragestellungen waren, ob es sich bei der Outlook-Agenda auch um ein «fertig gestelltes Dokument» handelt und ob diese nicht ein «zum persönlichen Gebrauch bestimmtes Dokument» ist: «Beim Kalenderinhaber handelt es sich um ein Mitglied des obersten Kaders des VBS. Selbst wenn der Kreis der Zugriffsberechtigten auf das Spitzenkader der Amtsleitung beschränkt gewesen sein sollte, dient seine Outlook-Agenda nicht bloss als Gedächtnisstütze für den Tagesablauf und die Termingestaltung. Seine elektronische Agenda stellt ein zentrales Führungsinstrument für die Amtsleitung dar», sahen die Richter weiter keinen Grund, die Einsichtnahme des Journalisten zu verweigern.

Auch das Bundesgericht kommt deshalb zum Ergebnis, dass Armasuisse nur ungenügend begründete, weshalb Passagen aus der Agenda des Rüstungschefs geschwärzt wurden. Die pauschale Rechtfertigung der Einschwärzung und Zugangsverweigerung aus Gründen der Praktikabilität und der Verfahrensökonomie sei ungenügend und der «verursachte Aufwand nicht unvertretbar hoch».

Mit dem Erlass des Öffentlichkeitsgesetzes habe der Gesetzgeber einen Paradigmenwechsel vollzogen, vom «Grundsatz der Geheimhaltung der Verwaltungstätigkeit» zugunsten des «Öffentlichkeitsprinzips». Das wird in der Praxis nur allzu oft vergessen. Obwohl das Bundesgericht in seinem Entscheid die Beschwerde von Armasuisse abweist, bleibt für den Journalisten nach dem Bundesgerichtsentscheid die niederschmetternde Erkenntnis, dass er auch zwei Jahre nach seinem Begehren keine transparente Einsicht in die Agenda des ehemaligen Rüstungschefs erhalten hat.