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Samstag
23.04.2022

TV / Radio

Die intensive Suche nach Informationen ist stark zurückgegangen. Viel häufiger wurden Radio und Fernsehen für reine Unterhaltungszwecke eingeschaltet...      (©Bewertungsdiagramme IaKom)

Die intensive Suche nach Informationen ist stark zurückgegangen. Viel häufiger wurden Radio und Fernsehen für reine Unterhaltungszwecke eingeschaltet... (©Bewertungsdiagramme IaKom)

Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) hat seine jährliche «Publikumsbefragung elektronische Medien» für das Jahr 2021 veröffentlicht.

Der Klein Report hat die Programmbewertungen der SRG und der Privaten genauer angeschaut. Durchgeführt hat die Studie das private Zürcher Institut für angewandte Kommunikationsforschung (IaKom). Die repräsentative Studie erhebt, basierend auf wissenschaftlichen Kriterien, den subjektiven Eindruck, den das Schweizer Medienpublikum von den privaten und öffentlichen Radio- und Fernsehangeboten hat.

Befragt wurden 3'600 Zuhörerinnen und Zuschauer; sie konnten jeweils jene Sender beurteilen, die sie am häufigsten konsumieren.

Die 90-seitige Studie enthält die üblichen Zahlen- und Tabellenplantagen mit den üblichen unerfreulichen Nachrichten vor allem für die gedruckte Presse, aber auch für Television und Radio: Noch in 40 Prozent aller Haushalte gibt es gedruckte Zeitungen, was ein Minus von vollen sieben Prozentpunkten in einem einzigen Jahr bedeutet.

Einen massiven Rückgang verzeichnet die Befragung auch bei Radiogeräten: 2021 standen sie noch in 62 Prozent der Haushalte gegenüber 70 Prozent im Jahr zuvor. Sogar Fernsehgeräte verzeichnen einen leichten Schwund, wenn auch auf hohem Niveau, nämlich von 92 auf 89 Prozent.

Eine weitere Zahl muss vor allem den SRG-Verantwortlichen zu denken geben: 2020 stieg die Zahl der täglichen Nutzerinnen und Nutzer von SRG-Fernsehangeboten von 36 auf 40 Prozent, was wohl vor allem dem gesteigerten Informationsbedürfnis im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zuzuschreiben war.

2021 hingegen sank die Nutzung ganz massiv auf nur noch 31 Prozent, das heisst weit unter das Vor-Corona-Niveau. Stattdessen gehen immer mehr Leute online und nutzen News-Seiten und -Apps.

Zwar ist positiv, dass die Bewertung der Qualität der elektronischen Medien trotz Kontroversen um die Corona-Berichterstattung «auf hohem Niveau stabil» ist, wie die Studie festhält. Auf einer Skala von 1, sehr schlecht, bis 5, sehr gut, haben sich die Noten für die SRG von 4,0 (2019) und 3,9 (2020) auf 3,8 (2021) nur leicht verschlechtert.

Die Ausgewogenheit der SRG-Programme wird mit 3,7 ebenfalls als relativ gut bewertet. Regionalfernsehsender und Lokalradios bekommen nur wenig schlechtere Beurteilungen.

Hingegen ist 2021 bei einem Teil der Bevölkerung offenbar «Informationsmüdigkeit» und «eine gewisse Unzufriedenheit» eingetreten. Vielleicht, mutmassen die zwei Autoren Benjamin Fretwurst und Prof. Heinz Bonfadelli, sei das unter anderem den Tatsachen zuzuschreiben, dass «das Jahr 2021 medial von vielen Zahlen geprägt» gewesen sei sowie «von Diskussionen widerstreitender Überzeugungen, wie die Krise zu bewältigen sei».

Jedenfalls ist die intensive Suche nach Informationen stark zurückgegangen. Viel häufiger wurden Radio und Fernsehen für reine Unterhaltungszwecke eingeschaltet. Und das gilt nicht nur im Vergleich zu 2020, sondern auch zum letzten Vor-Corona-Jahr 2019.

Für den Informationsjournalismus sind das unerfreuliche Nachrichten. Ob das laufende Jahr mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine die Suche nach verlässlichen Informationen wieder steigen lässt, werden wir erst mit der Befragung für 2022 wissen.

Oder auch nicht. Wir sind zunehmend gewohnt, dass Bundesämter offensiv kommunizieren (ausser sie hätten etwas zu verbergen oder zu vertuschen).

Die Zahl der internen und externen Kommunikationsberaterinnen und -berater ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Ausgerechnet das Bundesamt für Kommunikation jedoch hat seine eigene Studie so stiefmütterlich behandelt, dass sie mehr oder weniger unbeachtet blieb. Das IaKom hat sie mit «November 2021» datiert.

Das Bakom jedoch hat die Studie erst am 7. April 2022 veröffentlicht. Und zwar so diskret, dass kaum jemand überhaupt davon Notiz genommen hat. Nur das Online-Branchenmagazin «Medienwoche» brachte vor ein paar Tagen einen kurzen Beitrag.