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Donnerstag
12.05.2022

TV / Radio

Die Russen feiern in St. Moritz, während in der Urkraine die Bomben fallen: SRF hat Archivmaterial nicht als solches markiert. (Bild Screenshot SRF)

Die Russen feiern in St. Moritz, während in der Urkraine die Bomben fallen: SRF hat Archivmaterial nicht als solches markiert. (Bild Screenshot SRF)

Im März sorgte eine SRF-Doku über russisches Geld in der Schweiz für Debatten und Druck auf den Bundesrat. Nun kommt Kritik von der Ombudsstelle.

Bis über die Landesgrenze hinaus wurde die «Reporter»-Ausgabe wahrgenommen. Der «Blick» fasste die Doku tags darauf auf dem Cover mit der Headline «Die Schweiz jagt Oligarchen nur halbherzig» zusammen. 

Ein Kompetenzgerangel behindere die «knallharte Umsetzung der Sanktionen» gegen die «Russen-Elite.» Fazit des Ringier-Blattes: «Sogar bürgerliche Partei-Chefs fordern, dass der Bundesrat jetzt Dampf macht.»

Doch auch in St. Moritz selbst sorgte die Kurz-Dokumentation für Furore, aus Sorge ums Image. «Wir sind überrascht und sprachlos über die Sendung», sagte der Mediensprecher der Oberengadiner Gemeinde, Fabrizio D’Aloisio, damals gegenüber dem «SonntagsBlick».

Dies, weil das verwendete Archivmaterial suggeriere, dass in St. Moritz Partystimmung herrsche, während die russische Armee die Ukraine überfällt. 

Vor der Ombudsstelle beschwerte sich St. Moritz daraufhin, die Sendung sei «boulevardesk» und habe Klischees bespielt, um St. Moritz in eine gewisse Ecke zu drängen. SRF habe die wichtigen Fragen im Beitrag von Personen aus der C-Promi-Welt beantworten lassen.

Ein weiterer Kritikpunkt betraf die Archivaufnahmen, die SRF-«Reporter» verwendet hatte. Dabei seien relevante Informationen und Quellenangaben weggelassen worden. 

Ausserdem sei die zitierte Ariane Ehrat seit mehreren Jahren nicht mehr Tourismus-CEO, anders als SRF es darstellte. Sie hatte vor über fünf Jahren gesagt, Russen in St. Moritz seien sehr «wertschöpfungsintensiv».

Dieser O-Ton sei nach wie vor gültig, verteidigte sich die SRF-Redaktion. Reiche Russinnen und Russen würden mit St. Moritz assoziiert und umgekehrt. Das sei für die Gemeinde bisher kein Problem gewesen. 

Tatsächlich hat St. Moritz in der Vergangenheit auch schon Fotos als Ort der Cüpli und Russinnen in Pelzmänteln in die Welt hinausgeschickt. 

Obwohl der Anteil der russischen Gäste an der Anzahl der übrigen Gäste in St. Moritz relativ klein ist, liessen sie mehr Geld liegen als andere europäische Gäste. Gemäss HotellerieSuisse im Schnitt nämlich rund 250 Franken, wie aus der Stellungnahme der Redaktion weiter hervorgeht.

Den Vorwurf, «Reporter» habe die wichtigen Fragen von Personen aus der C-Promi-Welt – zum Beispiel von Russen-Berater Thomas Borer – beantworten lassen, weist die Redaktion zurück. Aus ihrer Sicht würden die wichtigen Fragen durch Behördenvertreter, einen Geldwäschereiexperten sowie einen Korrespondenten der «Financial Times» beantwortet. 

Das «Reporter»-Team habe mehrfach – allerdings vergeblich – versucht, den Gemeindepräsidenten zu einem Interview vor der Kamera zu bewegen. Ausser einer kurzen schriftlichen Stellungnahme des Gemeindepräsidenten habe sich niemand aus der Gemeinde oder der Tourismusbranche für ein Interview zur Verfügung gestellt.

Es sei verständlich, «dass angesichts der aktuellen heiklen Situation praktisch keine amtierende Persönlichkeit in St. Moritz vor die Kamera treten wollte», schreiben die Ombudsleute dazu. Dies dürfe aber nicht den Verantwortlichen von «Reporter» zum Vorwurf gemacht werden.

Den Vorwurf der fehlenden Quellen- und Zeitangaben heissen die Ombudsleute hingegen gut. So etwa die Passage über die feiernden Russen und Russinnen. Oder auch die Aussage von Reto Mathis im Bergrestaurant «La Marmite», die nur mit dem Logo «SRF-Reporter» ohne Datumsangabe versehen wurde und damit nicht als «Archivmaterial» wahrnehmbar war. Ebenso waren die Aussagen von Skilehrer Franco Moro (Skilehrer) und Ex-CEO Ariane Ehrat lediglich mit «SRF Reporter» versehen.

«Weil alle Personen im gleichen Stil angeschrieben wurden, hätte der Unterschied ‚Archivmaterial‘ zwingend mit einem zusätzlichen Merkmal (zum Beispiel Einblender Jahr) hergestellt werden müssen», schreibt die Ombudsstelle weiter.

Dadurch habe «Reporter» für Verwirrung gesorgt und zu einer falschen Meinungsbildung beigetragen.