In einem TV-Bericht über das ukrainische Bataillon «Carpathian Sich» hat es Radio Télévision suisse (RTS) unterschlagen, auf das umstrittene Gedankengut der Freiwilligen-Truppe einzugehen.
«Krieg in der Ukraine: Fast 20’000 Ausländer haben sich als Freiwillige an der Seite der Ukraine engagiert» war der Titel des Berichts in den Nachrichten «Le 19:30», den RTS im März 2023 ausstrahlte.
Dieser Bericht fand während des Vormarsches der russischen Armee in der Region Donezk statt. Geschildert wurde das Engagement ausländischer Freiwilliger, die von der Kiewer Regierung monatlich 3’000 US-Dollar bekamen.
Gezeigt werden Männer aus verschiedenen Ländern, die sich im Umgang mit Waffen auskennen. Ein ehemaliger französischer Fallschirmjäger erklärt, dass er sich engagiert habe, nachdem er Bilder von zivilen Opfern gesehen habe, die durch russische Bomben getötet wurden.
Während des Berichts wird der Name des betreffenden Bataillons, «Carpathian Sich», erwähnt. Auch die zahlreichen Verluste, die das Bataillon erlitten hat, werden erwähnt. Eine «Selbstmordmission», so die Einordnung der RTS-Reporterin.
Ein Zuschauer beschwerte sich daraufhin beim Schweizerischen Presserat, weil es RTS verpasst hatte, auf die Geschichte dieses Bataillons hinzuweisen. Dieses sei 2014 von Aktivisten der rechtsextremen Bewegung gegründet worden. Es pflege neonazistisches Gedankengut und Symbole.
RTS lasse in dem Bericht «jegliche kritische Distanz» vermissen, so die Beschwerde.
Der Presserat stützte die Beschwerde in diesem Punkt, wie aus der am Freitag publizierten Stellungnahme hervorgeht. Dass der RTS-Bericht keinen Hinweis gegeben hat zur Geschichte dieser paramilitärischen Einheit und ihrer ideologischen Wurzeln, sei nicht als blosse «Ungenauigkeit» einzuschätzen – auch wenn dieser Punkt «nicht der Kern des Themas» war, wie die RTS-Redaktion den Patzer zu verteidigen suchte.
Für den Presserat ist der Kontext in dieser Story vielmehr ein «wesentliches Informationselement». «Ohne die gesamte Geschichte dieses Bataillons noch einmal zu erzählen, wäre es möglich gewesen, die problematischsten Aspekte zusammenzufassen oder sie sogar zu relativieren, indem eine mögliche Entwicklung der Ideologie seiner Protagonisten sichtbar wird.»
Damit hat der Bericht des Primtime-Newsformats «Le 19:30» über die vielleicht wichtigste journalistische Maxime – die Wahrheitspflicht – verstossen.
Nicht verletzt sah der Presserat dagegen die Berichtigungspflicht, da der ebenfalls monierte Titel des Berichts keine Täuschung beinhaltete.
Die Beschwerde gegen einen anderen Bericht über die Niederlage der ukrainischen Armee in Awdijiwka und die Suche nach Finanzierung des ukrainischen Präsidenten, in dem in einer kurzen Sequenz ein Soldat mit einem rechtsextremistisch konnotierten Armabzeichen gezeigt wurde, wies der Presserat ab.
Er hielt jedoch fest, dass die Bedeutung solcher Symbole «keinesfalls banalisiert werden darf».