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Dienstag
20.09.2016

TV / Radio

Grosse Überraschung für alle Kenner der Schweizer Medienlandschaft: Die Radio- und Fernsehgebühren werden ab sofort von «einer privaten Firma» eingetrieben. Nachlesen konnte man diese vermeintliche Neuigkeit nicht etwa in einer der Schweizer Sonntagszeitungen, sondern im österreichischen «Standard».

Wobei sich diese Aussage nicht etwa der Interviewer Harald Fiechter aus den Fingern gesogen hat, der den Artikel verfasste, sondern sein Interviewpartner: SRG-Generaldirektor Roger de Weck. Der behauptet im besagten Interview doch tatsächlich: «In der Schweiz betreut eine private Firma im Auftrag der Regierung das Inkasso der Gebühren, das macht sie effizient und kostengünstiger als der Staat.»

Das ist nachweislich falsch, ist doch für das Gebühreninkasso auch im Herbst 2016 unverändert die Billag AG verantwortlich, jene viel kritisierte Tochterfirma der Swisscom. Und an dieser hält die Schweizerische Eidgenossenschaft auch heute noch eine Beteiligung von 51 Prozent.

Der Klein Report nimmt diese Aussage zum Anlass, auch bei anderen Textpassagen des de Weck-Interviews kritisch hinzuschauen. Das Interview beginnt mit einem Rückblick auf die jüngste SRG-Abstimmung zum RTVG-Gesetz im Juni 2015: Roger de Weck beklagt sich bei der österreichischen Zeitungsleserschaft, dass der «mächtigste Wirtschaftsverband» – gemeint ist der Schweizer Gewerbeverband – Millionen von Euro in die «Propaganda» gegen das neue Gebührensystem investierte, während die Befürworter der Reform kaum Geld gehabt hätten. Weiter bedauert er noch den Umstand, dass ein «beträchtlicher Teil der privaten Medien gegen die SRG Stimmung gemacht hätte.»

Dass alle Haushalte Gebühren zahlen sollen, rechtfertigt de Weck mit dem Argument, dass sich mit Radio- und TV-Sendungen im kleinen, viersprachigen Land kein Geld verdienen lässt. «Ohne öffentliche Finanzierung hätte die Schweiz keine nennenswerte audiovisuelle Produktion», so der SRG-Generaldirektor. Seiner Meinung nach «sei die Eidgenossenschaft deshalb so stabil, weil die Deutschschweizer Mehrheit nie privilegiert wird, auch in Sachen Medien nicht.»

Nach dem Gejammer über die anstehende No-Billag-Initiative, dem der Klein Report bereits an früherer Stelle schon genügend Platz bot und deshalb nicht nochmals erwähnt, erklärt de Weck, dass das eigentliche Pensionsalter 65 bei der SRG sei, es im gegenseitigen Einvernehmen aber bis 70 verlängert werden könnte. «Was ungut wäre für die SRG. Im digitalen Umbruch braucht jedes Medienhaus ‘Digital Natives‘, auch in Führungspositionen.»

Ist dies ein indirektes Versprechen, dass Roger de Weck nach der No-Billag-Initiative bald einmal zurücktritt? Seinen nächsten Geburtstag feiert er am 17. Oktober, dann wird er 63. Fernsehdirektor Ruedi Matter ein paar Tage später am 24. Oktober, dann wird er auch 63.