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Donnerstag
23.02.2023

Medien / Publizistik

Raphaela Birrer übernimmt die «Tagi»-Chefredaktion, Adrian Zurbriggen wird ihr Stellvertreter. (Bild zVg)

Raphaela Birrer übernimmt die «Tagi»-Chefredaktion, Adrian Zurbriggen wird ihr Stellvertreter. (Bild zVg)

Bei der Tamedia bleibt kein Stein auf dem anderen: Seit der Affäre Roshani/Canonica jagt gemäss Recherchen des Klein Reports eine Krisensitzung die andere.

Nun übernimmt überraschend Raphaela Birrer die Chefredaktion, wie der Verlag am Mittwochnachmittag mitteilte. Zu ihrem Stellvertreter wurde Adrian Zurbriggen bestimmt.

Matthias Chapman und Kerstin Hasse komplettieren das Team der Chefredaktion, heisst es weiter.

Arthur Rutishauser, der bislang in Personalunion die Redaktion Tamedia und die «SonntagsZeitung» führte, konzentriere sich künftig auf die Weiterentwicklung der «SonntagsZeitung».

«Hinter dieser Aufgabenteilung steht die Grundidee der neuen Tamedia-Struktur, wonach auf der publizistischen Ebene für jeden Titel klare Verantwortungen geschaffen und der Fokus der einzelnen Chefredaktionen geschärft werden sollen», begründete Tamedia die Reorganisation auf Stufe Chefredaktion.

Das lokale Ressort des «Tages-Anzeigers» bleibt im Zürcher Zeitungsverbund (ZZV) von Tamedia, dem auch der «Landbote», der «Zürcher Unterländer» und die «Zürichsee-Zeitung» angehören. 

Damit werde die Verankerung im Kanton Zürich sichergestellt, heisst es dazu. Benjamin Geiger wird den Zürcher Zeitungsverbund weiterhin leiten.

Priska Amstutz und Mario Stäuble, die seit Juli 2020 «als Co-Chefredaktion des «Tages-Anzeigers» das lokale Ressort geführt haben», wie es der Verlag ausdrückt, werden in der neuen Struktur «an entscheidenden Stellen» tätig sein. 

So werde Stäuble Inlandchef des «Tages-Anzeigers» und übernimmt damit ein zentrales Ressort von Raphaela Birrer, der neuen Chefredaktorin. Und Priska Amstutz sei bei Tamedia für «ein neues Projekt mit hoher strategischer Bedeutung» vorgesehen, heisst es weiter zu den beiden Verlierern in der ruckartigen Reorganisation an der Zürcher Werdstrasse.

Kommentar des Klein Reports von Chefredaktorin Ursula Klein: Bei der TX Group und der Tamedia hat man den Schuss immer noch nicht gehört. Auf den Fall Roshani/Canonica, der über den «Spiegel» in der Schweiz ein kleines Erdbeben ausgelöst hat, versucht man mit hektischer Krisen-PR die Aufmerksamkeit auf andere Personen zu lenken und schiesst scharf über verschiedene Medien auch gegen die ehemalige «Magazin»-Journalistin Anuschka Roshani.

Diese Woche hätte eine Rochade im Personalmanagement der TX Group (Tamedia) bekannt gegeben werden sollen. Nun positioniert man etwas hilflos einfach das Flaggschiff «Tages-Anzeiger» um und schickt den bisherigen Chef in Personalunion der Redaktion Tamedia und der «SonntagsZeitung», Arthur Rutishauser, auf den Posten als CR der «SonntagsZeitung». Schon einmal ein kleines Bauernopfer, weitere werden folgen.

Denn bereits hat die Ethos-Stiftung den börsenkotierten Konzern ins Visier genommen. Mitte Februar drohte die Schweizerische Stiftung für eine nachhaltige Entwicklung mit einer möglichen Verweigerung der Wiederwahl von Verwaltungsratspräsident Pietro Supino an der nächsten Generalversammlung.

Sollte das oberste Management an der Zürcher Werdstrasse bis vor der nächsten Generalversammlung keine Verbesserungsmassnahmen ergreifen, «könnten wir die Entlastung verweigern», machte Ethos-Geschäftsführer Vicent Kaufmann damals gegenüber tippingpoint.ch die Position der Stiftung klar. Als Manko nannte Kaufmann, dass das Medienhaus bisher keinen Verhaltenskodex veröffentlicht habe, in dem eine «Null-Tolleranz» gegenüber Mobbing und Belästigung vorgegeben wird.

Hat Pietro Supino und das oberste Management die Schüsse wirklich nicht gehört? Es reicht nicht, nichts zu sehen, nichts zu hören, nichts zu sagen, wie die drei Affen auf dem Baum. Juristisch mag das klappen, eine Sache auszusitzen und alles so zu legen, dass einem irgendein mögliches Wissen, also ein Fehlverhalten nicht nachgewiesen werden kann.

Und auch die Kommunikation der börsenkotierten TX Group und ihrer Firmen war in den vergangenen Monaten oft miserabel bis unprofessionell. Kleine Kommunikationsfürsten, wie Philip Kuhn, aktuell Leiter Kommunikation Tamedia, die nicht glauben oder nicht wissen, dass Medienmitteilungen von börsenkotierten Firmen unisono zur gleichen Zeit verbreitet werden müssen, und die, wenn es hochkommt, selber auch noch etwas Politik betreiben.

Da bekommen nach den Ethos-Leuten auch die Aufsichtsleute der SIX Swiss Exchange rote Köpfe. Und die sind dann nicht zimperlich.

Welchen Schuss haben Pietro Supino und seine Mannen also nicht gehört, dass der Verlag nun das wichtigste Kapital, der Grund weshalb die Firma überhaupt existiert, so unüberlegt und schnell auswechselt und umpositioniert: einige Journalistinnen und Journalisten.

Noch gehört zum Beispiel das Recherche-Desk von Tamedia zu den besten in Europa. Machen Sie das nicht kaputt!