Die geplante Aufstockung der indirekten Presseförderung, die am 13. Februar vors Volk kommt, ist ein Steilpass für die Radiobranche: Im Moment kann man richtiggehend beim Wachsen neuer Begehrlichkeiten zuschauen.
Mit Blick auf die Vergabe der neuen Konzessionen will Medienministerin Simonetta Sommaruga bekanntlich die Schweizer Radiolandschaft neu ordnen. Die Vorschläge sind in der Branche und bei manchen Kantonen auf heftige Kritik gestossen, wie der Klein Report berichtet hat.
Jürg Bachmann (68) drückt sich diplomatisch aus: Hinter den Plänen des Bundesrates stehe die «gute Absicht», dem Service public régional auch in Zukunft den Rücken zu stärken, so der Präsident des Verbands Schweizer Privatradios (VSP).
Nichts anfangen kann Bachmann mit der Art, wie die Medienministerin dies umzusetzen gedenkt. «Im Gegensatz zum Bund sind wir der Meinung, dass es für die Realisierung dieses Ziels nicht nötig ist, zuerst Bestehendes völlig umkzurempeln, vielleicht sogar existenziell zu gefährden.» Die heutige Privatradiolandschaft müsse gefördert werden, «so wie sie sich in den letzten bald 40 Jahren entwickelt hat».
Eine konkrete Neuerung, die in der Radiobranche für Unmut sorgt, betrifft die Parzellierung der Versorgungsgebiete. Neu soll es deren 20 für kommerzielle Lokalradios geben (bisher 12) sowie zehn für komplementäre, nicht gewinnorientierte Lokalradios (bisher 9).
Grundlage für diese neue Einteilung bilden Kantonsgrenzen. Davon hält Jürg Bachmann nicht viel. «Nehmen Sie Radio Zürisee. Es hat seine Hörerinnen und Hörer in den Kantonen Zürich, St. Gallen, Schwyz und Glarus. Es kann nicht sein, dass ein solches, überkantonal erfolgreiches Radio im Konzept des Bundes einfach nicht mehr vorkommt.»
Glaubt man Bachmann, hat es für Radio Zürisee fünf vor zwölf geschlagen. Der Sender bekomme nicht mal mehr die Möglichkeit, sich für eine Konzession zu bewerben, weil ein solches Versorgungsgebiet in der Mental Map der Medienministerin nicht existiert.
Das gleiche gelte für Radio Top. Der Ostschweizer Privatsender ist aus den Radios Eulach, Thurgau und Wil entstanden und in mindestens drei Kantonen verankert. «Die heutigen Gebiete sind zu schützen», fordert der Verbands-Chef.
Ein anderer Streitpunkt sind die Veranstalterkategorien. Geht es nach dem Bundesrat, soll es in Zukunft nur noch deren zwei geben: meldepflichtige Radios und konzessionierte Radios mit Leistungsauftrag und Abgabenanteil. Auf Radio-Konzessionen mit Leistungsauftrag ohne Abgabenanteil für kommerzielle Veranstalter will Simonetta Sommaruga künftig verzichten.
Auch im Modell des VSP wird es zwei Kategorien geben: die meldepflichtigen Radios, also jene, die vorwiegend zielgruppenspezifische Musikprogramme ausstrahlen. Und solche, die einen «Service public régional»-Auftrag erfüllen wollen – sprich jene Privatradios, die heute eine Veranstalterkonzession haben oder hatten.
«Aus informationspolitischen Gründen sind auch Staat und Demokratie an solchen Privatradios interessiert. Darum ist es richtig, wenn sie unterstützt werden. Am besten mit indirekter Förderung, sowie in wirtschaftlich schwachen, zweisprachigen oder Randgebieten mit einem Marktausgleich», sagt Bachmann.
Mit der indirekten Radioförderung subventioniert der Bund die Verbreitung. Der VSP-Präsident fordert eine «Ausweitung» dieser indirekten Förderung – analog dazu, «wie sie bei Zeitungen seit vielen Jahrzehnten erfolgreich funktioniert» –, die am 13. Februar 2022 stark ausgeweitet werden soll, wenn das Stimmvolk dem Medienpaket zustimmt.
Das Geschacher um Subventionen der Zeitungsverleger hat jetzt also auch in der Radiobranche neue Begehrlichkeiten geweckt. In der TV-Branche ist es nicht anders.
Konfrontiert mit den einzelnen Kritikpunkten aus der Radiobranche, hielt man sich beim Bundesamt für Kommunikation (Bakom) bedeckt. «Gemäss Radio- und Fernsehgesetz hat der Bundesrat die Anzahl und Ausdehnung der Versorgungsgebiete für Lokalradios und Regionalfernsehen regelmässig zu überprüfen», sagte Francis Meier auf Anfrage des Klein Reports lediglich.
Stellungnahmen der Branche zu den Plänen der Medienministerin, die bis am 9. Dezember beim Bakom eingegangen sind, würden nun «analysiert und das weitere Vorgehen vorbereitet».