An der Podiumsdiskussion an der Universität Zürich zur Qualität der Schweizer Medien flogen die (verbalen) Fetzen. Und es wurde deutlich: Die staatlich subventionierten Instanzen setzen auf die Reduit-Taktik.
Die «200 Franken sind genug!»-Initiative, bei der die Serafe-Gebühren zugunsten der SRG gekürzt werden könnten, kommt frühestens 2026 zur Abstimmung. Doch schon jetzt liegen beim Beamten-Fernsehen die Nerven blank. Thomas Renggli und Ursula Klein vom Klein Report haben staunend mitgehört.
Dies wurde nach der Präsentation des Jahrbuchs Qualität der Medien vom «fög – Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft» in der kleinen Aula der UZH am Montag deutlich.
Unter der Leitung von Moderator Matthias Ackeret (persönlich.com), der noch vor der Präsentation eine Breaking News rauslassen durfte, diskutierten Michael Wanner, CEO CH Media, SRF-Direktorin Nathalie Wappler, SP-Nationalrätin Min Li Marti, Matthias Müller, Vizepräsident FDP Kanton Zürich und Co-Präsident Halbierungsinitiative sowie Prof. Dr. Mark Eisenegger, Direktor Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft.
Im Livestream schauten die etwa zweistündige Veranstaltung zu Beginn knapp 30 und in der Hochphase 50 Personen an. Einzig ein SRF-Mikrofon auf dem Tisch zeigte eine Medienpräsenz.
Die Rollen der geladenen Gäste waren klar verteilt: Wappler erklärte, beziehungsweise verklärte, den staatlich finanzierten Service public quasi zum Menschenrecht.
Sukkurs erhielt Wappler jeweils von der neben ihr stehenden Linkspolitikerin Min Li Marti. Eloquent Gegensteuer gaben Michael Wanner und Matthias Müller. Während sich Professor Eisenegger relativ unverblümt auf die Seite der öffentlich-rechtlichen Instanz stellte – wohl in der Hoffnung, dass im ruppiger werdenden Abstimmungskampf auch Staatsgelder für wohlwollende Studien freigegeben werden.
Die Schlüsselfrage warf FDP-Mann Müller SRF-Direktorin Wappler in der Schlussrunde entgegen: «Stemmen Sie sich gegen eine Gebührenreduktion?» Die SRG-Frau wich aus – und verwies – sekundiert von Marti – immer wieder auf die integrative und gesellschaftsfördernde Wirkung der SRG: «Die SRG erreicht die Mehrheit der Bevölkerung und hat damit eine Klammerfunktion für das ganze Land.»
Dass dies für die Konsumenten mit Gebührenzahlungen verbunden ist, erachtet sie quasi als gesunden Menschenverstand. Dabei verstieg sich Wappler zur eher abenteuerlichen Bemerkung: «Das Kuchenstück wird grösser – davon profitieren auch die Privaten.»
Das war aber auch ganz grundsätzlich die Frage der Studie, wie es auch in der Einladung hiess: «Öffentliche Medien stehen oft im Verdacht, private Medien im Online-Bereich zu verdrängen.» Man darf getrost wiederholen: Stehen im Verdacht, hiess es. Aber: «Wie ist die Situation tatsächlich?», war denn auch die Frage, welche die Studie beantworten sollte.
Während Wanner Wapplers Aussage mit einem ungläubigen Lächeln quittierte, nahm Eisenegger die These dankbar auf, warf mit einigen (vermeintlich) empirischen Daten um sich und erteilte den Privaten in seiner Funktion als universitärer Datensammler und Studienkonstrukteur Handlungsanweisungen.
Mehrfach enervierte sich Eisenegger, dass gegen die SRG nicht evidenzbasiert diskutiert werde. Der Titel der Runde hiess ja auch: «Konkurrenz oder Koexistenz? Das Verhältnis von SRG und privaten Medien».
Eisenegger zeigte sehr wenig Ambiguitätstoleranz. Mit dem Anlass hat er und sein Team den Abstimmungskampf zur Initiative bewusst oder unbewusst mitlanciert. Der Forscher landete dementsprechend punktgenau in der Hauptausgabe der «Tagesschau» von SRF, die seine Narrative eins zu eins übernahm. Ziel erreicht.
Alles in allem eine heikle Sache, bei einem weissen Elefanten im Raum und mit viel zu vielen Anbietern im kleinen Schweizer Markt.
Beispielsweise im Sport. Dort müssten gemäss Eisenegger die Privaten exakt definieren, welche Übertragungen und Sendungen sie ebenso gut anbieten könnten wie es die SRG tut. Dass diese dank ihrer wirtschaftlichen Wasserverdrängung aber meistens am längeren Hebel ist, blendet auch seine Studie aus.
SP-Nationalrätin Marti kreierte gar die These, dass der Breitensport gestärkt werden kann, wenn (beispielsweise) die Champions-League-Rechte bei der SRG liegen: Solche Übertragungen hätten schliesslich Leuchtturmfunktion.
Hierzu muss man wissen, dass die SRG dem Wanner-Verlag CH Media Teile der Champions League überteuert wieder abgejagt hat, wie der Klein Report bereits mehrfach berichtet hat.
Wanner stockte der Atem nach Wapplers Aussagen. Mit ungläubigem Blick und dem Verweis auf das «Sportmonopol» der SRG fragte er: «Was bitte ist Service public im Sport?» Eine Antwort darauf hatten weder Wappler noch Marti oder Eisenegger.
Michael Wanner sagte: «Es stimmt, dass Gelder an die Techfirmen abfliessen, aber das bedeutet nicht, dass dadurch die Crowding-out-These durch die SRG widerlegt wird.» Denn der Verdrängungseffekt spielt praktisch überall, speziell aber im Online-Bereich, wo die SRG an die 170 Social-Media-Kanäle bespielt. Wappler meinte dazu einmal mehr, den Auftrag für die SRG locker umdeutend: «Wir müssen gemäss unserem Auftrag dorthin gehen, wo die Leute sind.»
Der Logik entsprechend hiesse das also, demnächst mit Space X auf den Mond. Dann, wenn die Rakete tourismustauglich wird.
Und am Schluss der Diskussion am Montagmorgen, die von befremdend wenigen Journalisten vor Ort verfolgt wurde, blieb der Eindruck: Der eine oder die andere in dieser Runde kann den Dollar nicht vom Dow Jones unterscheiden oder wie die Umsätze in der TV- und Online-Vermarktung fliessen. Dort wo der wirklich grosse Rubel rollt.
Aber weshalb muss man dies auch, wenn das Geld ganz automatisch aus dem Gebührentopf fliesst?