Es wird jetzt sehr heiss gekocht: Das Putin-Interview des US-Rechtsaussen Tucker Carlson hat auch Schweizer Gemüter erregt. Ein paar Zuschauer fanden die Einordung durch die SRF-«Tagesschau» als «Gefälligkeitsinterview» völlig verkehrt.
«Der Moderator Florian Inhauser bezeichnet Tucker Carlson als umstritten und willfährig und die Off-Sprecherin bezichtigt ihn der Falschmeldungen und Verschwörungstheorien, was in keiner Art und Weise neutral ist», beschwerte sich ein Zuschauer bei der SRF-Ombudsstelle.
Und ein anderer reklamierte, der «Tagesschau»-Moderator sowie Kommentator Fredy Gsteiger hätten «bewusst versucht», das Interview als «Show» lächerlich zu machen und den Eindruck zu erwecken, Präsident Putin hätte nur eine Geschichtsstunde gehalten.
Tatsächlich gewährte der ehemalige Fox-News-Journalist Tucker Carlson seinem Gesprächspartner zu Beginn nicht weniger als 40 Minuten für seine historischen Ausführungen zum Slaventum.
Laut dem «Tagesschau»-Bericht fehlen kritische Nachfragen, der US-Journalist baue zudem «rhetorische Rampen», sodass Putin seine Ansichten ungehindert verbreiten könne.
Nachdem die Beschwerden bei der Ombudsstelle eingegangen sind, hat die Redaktion ihre Darstellungsweise verteidigt. So versäume es Carlson, kritische Fragen zu stellen. Auch Falschaussagen Putins korrigiere er nicht. Und in Bezug auf Kriegsverbrechen in der Ukraine stelle er ihn auch nicht zur Rede.
Ein Beanstander kritisierte ausserdem, dass es falsch sei, dass das Putin-Interview zu keinen neuen Erkenntnissen geführt habe.
In der Anmoderation der «Tagesschau» hiess es wörtlich: «Einzige Ausnahme mit so etwas wie News-Wert: Putin erklärte, ein russischer Einmarsch in Polen und Lettland stehe komplett ausser Frage.»
Mit dieser Einschätzung stand die «Tagesschau» nicht alleine da. In einem NZZ-Artikel hiess es: «Der riesige Rummel um das Putin-Interview war kaum gerechtfertigt. Nichts, was Putin sagt, geht über das hinaus, was lange schon aus seinen Reden und Schriften bekannt war.»
Die Ombudsstelle stellte sich mit breitem Rücken hinter die «Tagesschau»-Redaktion. Sie beruft sich dabei auf verschiedene andere Medien, welche das Interview gleich oder ähnlich analysiert haben. Die Beschreibung von Tucker Carlson als umstritten und russlandfreundlich sei legitim. Der Beweis dafür lieferte das Putin-Interview Carlsons selbst.
Carlson, ehemaliger Fox-News-Moderator und bekannt für dezidiert rechte Positionen, erhielt als bisher einziger westlicher Journalist Zugang zum russischen Kreml-Chef. Er hat behauptet, Joe Bidens Wahl 2020 sei irregulär gewesen und hängt der Verschwörungsfantasie «great replacement theory» an. Diese besagt, die Weissen würden in den USA gezielt durch Zuwanderung zur Minderheit gemacht.