Das Kantonsparlament hat am Montag das Gesuch der Staatsanwaltschaft des Kantons Bern um Ermächtigung zu einer strafrechtlichen Verfolgung von Regierungsrat Pierre Alain Schnegg abgewiesen.
Das mutmassliche Corpus Delicti findet sich im «Tages-Anzeiger» vom 3. Mai 2024 unter der Schlagzeile: «Der Schutzstatus S wird von Roma-Clans ausgenutzt».
Das Interview versprach schon in der Einleitung «Klartext», und zwar aus dem Munde des Berner SVP-Asyldirektors Schnegg.
Der Schutzstatus S für die Ukraine-Flüchtlinge «werde zunehmend missbraucht, er müsse abgeschafft werden». Es brauche einen asylpolitischen Kurswechsel.
Gemäss der Strafanzeige vom 18. Juni, die im Entscheid des Grossen Rates vom Montag summarisch wiedergegeben wird, seien gewisse Aussagen im «Tages-Anzeiger»-lnterview «in mehrfacher Hinsicht pauschalisierend, unfundiert und herabsetzend». Sie erfüllten den Tatbestand «Diskriminierung und Aufruf zu Hass» des Strafgesetzbuches, seien «rassendiskriminierend» und erfüllten «gegebenenfalls weitere Straftatbestände».
«Insbesondere fehlten Belege für Äusserungen, wonach der Schutzstatus S auch von nicht direkt vom Krieg betroffenen Personen, konkret Roma, beantragt würden, diese gefälschte Papiere einreichen und sicherlich oft von Organisationen ausgebeutet oder von Roma-Clans ausgenutzt würden», so der Inhalt der Strafanzeige gemäss dem Entscheid.
Für das Kantonsparlament gibt es in dem Interview nicht genügend Hinweise dafür, dass Regierungsrat Schnegg mit seinen Äusserungen eine Person oder eine Gruppe von Personen «in einer gegen die Menschenwürde verstossende Weise herabgesetzt oder diskriminiert» habe.
Grund: Regierungsrat Schnegg habe keine «Pauschalaussagen» gemacht, sondern «beispielsweise erwähnt, der Schutzstatus S würde heute ‘vermehrt’ missbraucht, indem ‘vor allem’ Roma mit Papieren aus der Ukraine kämen, welche von einem Tag auf den anderen wieder gingen. ‘Diese’ Roma würden sicherlich oft von Organisationen missbraucht.»
Deshalb war für den Grossen Rat gemäss Debatte vom Montag die Schwelle nicht erreicht, um der Staatsanwaltschaft frei Bahn zu geben, um ein Strafprozess gegen das Regierungsmitglied zu eröffnen.