Der Stadtrat in Gossau hat den Auftrag für ein neues Stadtmagazin ausgeschrieben. Die neue Print- und Online-Publikation soll «unabhängig» auftreten und mit 250'000 Franken pro Jahr von der öffentlichen Hand alimentiert werden.
Der «zunehmende Rückzug der privaten Printmedien aus der lokalen Berichterstattung» habe spürbare Auswirkungen für Vereine, Parteien und andere gesellschaftliche Akteure, über die weniger berichtet würde. Um diese Lücke zu schliessen, will der Gossauer Stadtrat eine «unabhängige Forumspublikation» lancieren, begründete die Stadtbehörde ihre lokalpublizistische Intervention in den kriselnden Medienmarkt.
«Dieses Stadtmagazin soll als Online- und Printprodukt städtische Kanäle wie die Website und allfällig weitere Angebote sowie die privaten Medien ergänzen», heisst es weiter zu den publizistischen Zielen des Stadtrats, der mit zwei FDP-, je einem CVP- und SVP- sowie einem parteilosen Mitglied in bürgerlicher Hand ist.
Die redaktionelle Hoheit liege «bei einem aus den Anspruchsgruppen von Gossau paritätisch zusammengesetzten Lenkungsausschuss, in welchem auch der Anbieter vertreten ist», sagte Urs Salzmann, Kommunikationsbeauftragter bei der Stadtverwaltung Gossau, auf Nachfrage des Klein Reports.
Dieser Ausschuss erarbeite das Redaktionsstatut und überwache dessen Umsetzung. «Das redaktionelle Tagesgeschäft wird von einer durch den Anbieter gestellten Redaktion geleistet.»
Die Stadt habe «für ihren Anteil ein Kostendach von 250'000 Franken pro Jahr definiert», so Salzmann weiter. «Die restliche Finanzierung ist Sache des Anbieters; dies dürfte in erster Linie über Inserate (Print) und Bannerwerbung (Online) geschehen.»
Diese finanzielle Dimension «sowie die Marktsituation» hätten eine offene Ausschreibung verlangt. Herausgeber des stark alimentierten Mediums werde jener Anbieter sein, der den Zuschlag erhält.
Auf der Ausschreibungs-Website wird der städtische Medien-Auftrag definiert als ein «Komplettpaket für Redaktion, Produktion und Distribution eines modernen Stadtmagazins mit einer digitalen Entsprechung als regelmässig aktualisierte, interaktive Online-Plattform inklusive Apps für mobile Geräte».
Auch eine Studie der Uni Zürich führt der Stadtrat ins Feld. Diese habe nachgewiesen, dass eine tiefe Wahlbeteiligung mit der Intensität der Berichterstattung über die lokale Politik zusammenhänge.
Darauf angesprochen, dass das staatlich finanzierte Medium private Angebote konkurrenzieren könnte, meinte Urs Salzmann gegenüber dem Klein Report: «Wir reagieren mit diesem Vorhaben auf den zunehmenden Rückzug der privaten Printmedien aus der lokalen Berichterstattung. Unser Projekt kann für ein privates Medium auch die Chance sein, in ein neues Geschäftsfeld einzusteigen.»
In der Ostschweizer Stadt berichten im Lokalen bisher das «St. Galler Tagblatt» und die Wochenzeitung «Gossauer Nachrichten». Letztere gehört zur Swiss Regiomedia AG in der 2017 die vom Zehnder Verlag übernommenen Lokalzeitungen gebündelt worden waren. Das Unternehmen gehört zur Zeitungshaus AG, die ihrerseits aus der ehemaligen Baz Holding AG hervorgegangen ist und welcher VR-Präsidentin Rahel Blocher vorsitzt.