Geht es nach den Schweizer Medien, ist der Sieg von Nemo am Eurovision Song Contest (ESC) nur noch Formsache. Die Journalistinnen und Journalisten stützen sich dabei auf die Wettbüros, ihre eigene Meinung und auf den Herdentrieb.
Auch diesen Sonntag beherrschte das Thema die Sonntagszeitungen. Rieb man sich vor ein paar Tagen die Augen, wie es überhaupt möglich sein kann, dass ein Schweizer Interpret so hoch gehandelt wird, setzt langsam ein bisschen die Ernüchterung ein.
«Kroatien überholt Nemo», titelt und bangt die «SonntagsZeitung». Wohlgemerkt, noch hat niemand auch nur einen Ton gesungen. Und die Schweiz muss zuerst noch in das Finale von nächstem Samstag einziehen. Die wirklich grosse Gefahr für Nemo droht gemäss Martin Fischer und Denise Jeitziner nur von Kroatien (fünf von fünf Gefahrenpunkte).
Für den «SonntagsBlick» ist die Schweiz die «heisse Kandidatin». Michel Imhof umreisst das Phänomen Nemo anhand von Stichworten. Die Gewinner-Hoffnung hat zum Beispiel den Tick, ständig Dinge zu verlegen. Als Kind wurde Nemo nach eigener Aussage geliebt. Die Mutter sei Journalistin, der Vater besitze eine Werbeagentur.
Vor nicht allzu langer Zeit war der europäische Gesangsabend kein Thema für die «Neue Zürcher Zeitung». Am Montag wurde das Ergebnis unter «Vermischtes» gemeldet. Später berichtete die «NZZ am Sonntag» darüber, immer ironisch und etwas verschämt. Das hat sich nun geändert. Der Eurovision Song Contest hat sich zur Hauptgeschichte des Kulturbunds entwickelt.
«Wie der ESC schwul wurde», so lautet der Titel, den sich der Autor Linus Schöpfer oder der Blattmacher ausgedacht hat. Die Chancen für einen Schweizer Sieg stehen «gut», findet der Autor. Mit Nemos Gesangstalent habe dies allerdings weniger zu tun, eher mit dessen sexueller Ausrichtung.
Wie auch immer: So viel Hoffnung liegt in Nemos Auftritt. Wird die Schweiz endlich einmal geliebt von den anderen Ländern? Und wenn nicht? Stürzt sie in eine Depression? Der Klein Report findet: Sollte die Schweiz wieder nicht douze Punkte kriegen, dann braucht es für die Schweizer Journalistinnen und Journalisten ein Sorgentelefon.