Facebook will ausgerechnet die unbeliebte Unterbrecherwerbung nutzen, um auch an TV-Werbe-Budgets zu kommen. Mit Revenue-Sharing soll Publishern die Monetarisierung ihrer Video-Inhalte nun ermöglicht werden, meldet Recode basierend auf Aussagen von Facebook-Insidern.
Den Usern setzt Facebook bereits seit geraumer Zeit immer mehr Videos vor. Der Facebook-Algorithmus zieht Videos den Text- und Fotobeiträgen vor. Zur Zeit sollen über 100 Millionen Stunden Video-Nutzung pro Tag auf Facebook auf die Kommerzialisierung warten. Für Mark Zuckerberg ist es nun Zeit, das Video-Imperium in ein Geschäft zu verwandeln.
Für den Klein Report kommentiert Sandro Prezzi, Geschäftsleiter von Prezzi Media Consulting.
Die Amis mögen grosse Zahlen. Die 100 Millionen Stunden TV-Nutzung beeindrucken auf den ersten Blick. Genau betrachtet entspricht die globale Video-Nutzung bei Facebook aber insgesamt nur etwa dem Vierfachen der täglichen TV-Nutzung in der kleinen Schweiz, wo bei gleicher Berechnung täglich immerhin 25 Millionen Stunden zusammenkommen.
Die Pro-Kopf-Nutzung bei Facebook ist mit 3.5 Minuten Video pro Tag nicht annähernd mit dem TV-Konsum in der Schweiz oder in Deutschland vergleichbar, wo täglich im Durchschnitt über drei Stunden ferngesehen wird. Nach den vielen Messproblemen sollte man zudem die Facebook-Eigenmessungen eher kritisch hinterfragen.
Werbung soll nun in Videos mit einer Mindestlänge von 90 Sekunden eingesetzt werden und deren Nutzung nach 20 Sekunden Videolaufzeit mit einem maximal 15-sekündigen Werbespot unterbrechen. Dies stellt ganz neue Herausforderungen an Social Video Publisher. Sie müssen das Publikum in den ersten 20 Sekunden davon überzeugen, sich die Unterbrecherwerbung komplett anzuschauen, bevor das Video weitergeht.
Von den zusätzlichen Werbeerlösen, die Facebook so generieren will, sollen die Publisher 55 Prozent erhalten. Gemäss Recode plane neben Facebook auch Youtube, mit diesem Plit zu hantieren. Begeisterung seitens der User für diese Neuerungen ist nicht zu erwarten.
Wie schon den Verlagen stellt sich nun für TV-Sender und Video Publisher die Frage, ob es strategisch Sinn macht, Facebook mit ihren Inhalten zu nutzen und damit weiter zu stärken. Man sollte sich dabei bewusst sein: Auf fremden Plattformen ist man zu Lebzeiten nur Mieter, nie Eigentümer, und somit der Willkür des Vermieters ausgeliefert. Preisaufschläge, Nutzungseinschränkungen und Ausschluss sind hinzunehmen. Und im Gegensatz zum Mieterschutz existiert so etwas wie ein Mietrecht bei einem Unternehmen aus dem Silicon Valley nicht.
Speziell die SRG, welche mit ihren SRF Radio- und TV-Sendern Facebook immer stärker einsetzt, um mit ihren Nutzern zu kommunizieren, muss sich dies nun gut überlegen und auch unbequeme Fragen gefallen lassen. Wenn die SRG gebührenfinanzierten Content auf einer ausländischen Medienplattform verbreitet, fördert sie deren Nutzung. Andererseits schliesst sie sich für Admeira mit Swisscom und Ringier zusammen, um genau diese ausländische Konkurrenz zu bekämpfen? Das wirkt planlos, ja schon fast schizophren.