Bundesrat Alain Berset ist Ende 2019 Opfer eines Erpressungsversuches geworden. Eine Frau hat dem SP-Gesundheitsminister offenbar mit der Veröffentlichung von privaten Details gedroht. Den Fall publik gemacht hat der Ex-SVP-Nationalrat und «Weltwoche»-Autor Christoph Mörgeli.
Am späten Samstagnachmittag schrieb die «Weltwoche» auf ihrer Webseite, wie eine Frau im November und im Dezember 2019 versuchte, Alain Berset zu erpressen. Die beschuldigte Person hat gemäss dem Wochenblatt von SVP-Nationalrat Roger Köppel 100‘000 Franken verlangt. Ansonsten werde sie Fotos von Berset und persönliche Mails zwischen dem SP-Bundesrat und ihr veröffentlichen.
Als Reaktion habe der Politiker am 12. Dezember 2019 eine Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft eingereicht. Kurz darauf sei die unter Verdacht stehende Frau verhaftet worden. Die Dateien mit dem angeblichen Erpressungsmaterial seien gelöscht worden.
Christoph Mörgeli, der Autor des Artikels, bezog sich auf einen sechsseitigen Strafbefehl vom September 2020, der der «Weltwoche» vorliegt. In einer Medienmitteilung vom Samstag hat das Magazin zusätzlich auf den Text von Mörgeli aufmerksam gemacht.
«Die Bundesanwaltschaft (BA) liess alles belastende Material vernichten, weil sonst Berset, wie die BA schreibt, sein Amt als Bundesrat nicht mehr richtig ausführen könne», heisst es in der «Weltwoche»-Mitteilung. Ausserdem sei der Fall von «Leuten aus der Bundesverwaltung» nach aussen getragen worden, die «über das Vorgehen von Berset und der Bundesanwaltschaft erbost sind».
Am Sonntag zogen die Sonntagszeitungen nach und überboten sich gegenseitig: «Frau wollte Alain Berset erpressen», titelte die «NZZ am Sonntag». Die «SonntagsZeitung» vom Tamedia-Konzern versah ihren Artikel mit der Überschrift «Erpressung am Tag der Bundesratswahl» und auf blick.ch stand: «Um 7:40 wurde die Täterin verhaftet».
Interessanterweise verfügen alle drei Titel über den gleichen Strafbefehl, auf den sich bereits Christoph Mörgeli bezog. «Der sechs Seiten umfassende Strafbefehl liegt der ‚SonntagsZeitung‘ vor», war am Sonntag beispielsweise zu lesen.
Ebenfalls übereinstimmend schrieben die Zeitungen, dass der Strafbefehl in Teilen geschwärzt sei. So heisst es in der «NZZ am Sonntag», dass im «anonymisierten Strafbefehl» die Umstände des Erpressungsversuches beschrieben seien.
Und die «SonntagsZeitung»-Journalisten Mischa Aebi und Adrian Schmid berichteten, dass die Bundesanwaltschaft «heikle Passagen im Strafbefehl» schwärzen liess, was ein «ungewöhnliches Vorgehen» sei. Trotzdem liessen sie sich zu einer Vermutung verleiten und schrieben: «Passagen im Strafbefehl lassen praktisch nur den Schluss zu, dass Berset mit der Frau damals eine Affäre hatte.»
Den ganzen Fall zumindest vorläufig entschärft hat Berset-Sprecher Peter Lauener, der in den Sonntagstiteln den Erpressungsversuch bestätigte, aber auch sagte, dass es sich dabei um «unwahre und ehrverletzende Behauptungen» handle.