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Freitag
09.05.2025

TV / Radio

«Die SRG wurde massiv gerügt wegen Nichtberichterstattung und sie reagierte darauf mit Nichtberichterstattung»: Der Zürcher Anwalt Emrah Erken... (Bild: zVg/ © O. Brandenberg)

«Die SRG wurde massiv gerügt wegen Nichtberichterstattung und sie reagierte darauf mit Nichtberichterstattung»: Der Zürcher Anwalt Emrah Erken... (Bild: zVg/ © O. Brandenberg)

Der Zürcher Rechtsanwalt Emrah Erken hat vor Kurzem bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz (UBI) eine 107-seitige Popularbeschwerde gegen die SRG eingereicht. Es geht um die Berichterstattung über die UNRWA, das Hilfswerk der Uno für die Palästina-Flüchtlinge.

Der Klein Report sprach mit Erken über seine Kritikpunkte an der Nahost-Berichterstattung der SRG und den Unterschied einer journalistischen Analyse und eines Kommentars.

Können Sie erklären, worum es Ihnen in Ihrer am 5. Mai eingereichten UBI-Beschwerde genau geht?
Emrah Erken
: «‚Die hinterhältigste Lüge ist die Auslassung‘, schrieb einmal Simone de Beauvoir. Ich werfe der SRG genau das vor. Sie verschweigt systematisch und aus politischen sowie ideologischen Motiven relevante Informationen und Fakten. Ausserdem stelle ich fest, dass die Sendeverantwortlichen sich immer wieder die Frage stellen, wem eine bestimmte Berichterstattung nützt und wem sie allenfalls schadet. Genau deshalb haben sie sogar den von mir erwirkten Entscheid der UBI über die Nahost-Universitätsproteste vom 12. Dezember 2024 verschwiegen.» 

Welche Bedeutung hat dieser Entscheid für Sie?
Erken: «Dieser Entscheid ist deshalb von Relevanz, weil der SRG ein systematisches journalistisches Versagen während einer bestimmten Zeitperiode vorgeworfen wurde. Es ging also nicht bloss um einen einzelnen journalistischen Beitrag. Die SRG hat darüber geschwiegen, weil der Entscheid nach ihrer Ansicht der ‚falschen Seite‘ nützen könnte. Anders ausgedrückt: Die SRG wurde massiv gerügt wegen Nichtberichterstattung und sie reagierte darauf mit Nichtberichterstattung. Wenn es nicht himmeltraurig wäre, müsste man darüber lachen.»

Können Sie den Inhalt Ihrer vor ein paar Tagen eingereichten Popularbeschwerde kurz zusammenfassen?
Emrah Erken: «In meiner Popularbeschwerde geht es um die Berichterstattung über die UNRWA während eines Zeitraums zwischen 27. November 2024 und 27. Februar 2025. Dieser Zeitraum war bei der öffentlichen Meinungsbildung entscheidend, weil beim Ständerat ein wichtiger politischer Entscheid bevorstand, namentlich, dass die Schweiz ihre Geldzahlungen an die höchstumstrittene UNRWA einstellen müsse.» 

Was konkret werfen sie der SRG vor?
Erken: «Ich werfe der SRG vor, dass sie nicht nur über die wesentlichen Kritikpunkte gegenüber der UNRWA kaum oder nur ungenügend berichtete, sondern vielmehr auch Propaganda für diese Organisation betrieb. Vor allem cancelte die SRG systematisch die Arbeit der UNRWA-kritischen Schweizer NGO UN Watch in Genf und dessen Executive Director Hillel Neuer, der vor den Aussenpolitischen Kommissionen beider Schweizer Parlamentskammern Aussagen machte. Während die SRG der UNRWA und deren Funktionären immer wieder eine Bühne gibt, wird der global wichtigste UNRWA-kritische Experte systematisch gecancelt, und dies, obwohl er in der Schweiz lebt, Schweizer ist, eine Schweizer NGO betreibt und von Schweizer Parlamentariern angehört wurde. Alle, die die UNRWA kritisieren, beziehen sich auf ihn und auf diese NGO. Auch ich.»

Was bemängeln sie ausserdem an der Nahost-Berichterstattung der SRG?
Emrah Erken: «Was ich in meiner Beschwerde ebenfalls aufzeige, ist, dass die SRG UN Watch und Hillel Neuer aus politischen Motiven cancelt. Wenn diese NGO überhaupt erwähnt wird, heisst es, sie sei ‚Israel-nah‘, obwohl das einerseits nicht stimmt und andererseits würde das ohnehin keine Rolle spielen. Die SRG liess Sandro Brotz Assad interviewen; neulich gab sie sogar IS-Terroristen in Syrien eine Bühne. Diese diffamierende politische Zuordnung der UN Watch, die von der SRG sogar als ‚Netanjahu-nah‘ beschrieben wird, ist kein Grund, um sie zu canceln. Diese politischen Zuordnungen meinen übrigens ganz etwas anderes: Die SRG ist der Ansicht, dass UN Watch und Hillel Neuer Israel nützen und der UNRWA schaden könnten. Genau deshalb werden sie gecancelt.»

Sie kritisieren in Ihrer Beschwerde auch, dass die SRG Meinungskommentare der eigenen Journalistinnen und Journalisten systematisch als «Analysen» deklariert. Können Sie das etwas ausführen?
Erken: «Eine journalistische Analyse und ein journalistischer Meinungskommentar sind keine Synonyme, sondern Antonyme. Da die internen Richtlinien den SRG-Journalistinnen und Journalisten Meinungskommentare nicht erlauben, werden diese regelmässig und in jedem erdenklichen Themenbereich als ‚Analysen‘ deklariert. Das sieht man auf der Website der SRG die ganze Zeit, praktisch täglich, und dies seit Jahren. Es heisst immer wieder ‚Eine Analyse von…‘.»

Was konkret stört Sie an der Verwendung des Begriffs Analyse in diesen Fällen?
Emrah Erken: «Wenn man sich diese journalistischen Beiträge anschaut, die teilweise nur aus zwei bis drei Absätzen bestehen und schon deshalb keine Analysen sein können, stellt man fest, dass es sich um Meinungskommentare handelt, welche die Kriterien einer journalistischen Analyse nicht einmal ansatzweise erfüllen. Das Gesetz schreibt vor, dass Kommentare und Ansichten kenntlich gemacht werden müssen. Mit dem Ausdruck ‚Analyse‘ wird dieses Erfordernis nicht nur nicht erfüllt. Vielmehr suggeriert die SRG mit diesem Ausdruck eine erhöhte Objektivität und Neutralität, die ganz offensichtlich nicht gegeben sind. In meiner Beschwerdeschrift mache ich geltend, dass dieses Vorgehen das Transparenzgebot von Art. 4 Abs. 2, Satz 2 RTVG verletzt und eine selbständige Programmrechtsverletzung darstellt. Bei dieser Fragestellung erwarte ich von der UBI einen Grundsatzentscheid, damit diese fragwürdige und manipulative Praxis der SRG endlich aufhört.»