Ab 5. Januar startet im Schweizer Fernsehen (SRF) eine neue Serie. «Das pralle Leben» bringt sechs fiktive Folgen, die vom welschen Fernsehen produziert und für SRF synchronisiert worden sind.
Im Mittelpunkt der generationsübergreifenden Handlung stehen die Probleme und Ängste einer Familie, die sich mit der Vorstellung des Älterwerdens auseinandersetzt. Das Drehbuch stammt vom welschen Humoristen Frédéric Recrosio. Regie führen Klaudia Reynicke und Kristina Wagenbauer.
Zum Cast gehört unter anderen Carlos Leal. Der Klein Report hat den heute in Los Angeles lebendenden Schweizer während eines kurzen Abstechers in seiner alten Heimat in Zürich treffen und mit dem Star über sein Verhältnis zu Schweizer Serien sowie seine Arbeit in Hollywood reden können.
In der Serie «Das pralle Leben» lebt eine scheinbar geeinte Familie ein beinahe friedliches Leben und kämpft mit unterschiedlichen Existenzängsten. Als die Mutter einen Schlaganfall erleidet, wird der Familie klar, dass auch sie nicht vor einem Drama gefeit ist. Die Familie ist gezwungen, sich «mit den grossen Fragen des Lebens zu befassen» – und ganz nebenbei reifer zu werden.
Was sind die grossen Fragen des Lebens für Carlos Leal?
Carlos Leal: «Wie kann ich der beste Vater sein, der ich sein möchte, ohne mich selbst ständig zu beurteilen und damit zu bremsen? Was ist der Purpose von dem, was ich als Künstler mache? Was für Erinnerungen werde ich einmal zurücklassen, wenn ich während meines ganzen Lebens nur immer über mich nachgedacht habe? Das sind meine wichtigsten drei Fragen, die ich mir in meinem Leben stelle.»
Im Film wird die Familie ganz genau beobachtet von einem siebenjährigen Buben. Dieser ist von den seltsamen Erwachsenen mit ihren seltsamen Problemen fasziniert. Carlos Leal hat selbst zwei kleine Kinder, Elvis und Tyger. Haben ihm diese Erfahrung geholfen beim Dreh mit einem Kind?
Leal: «Ja. Ich konnte auf Erfahrungen zurückgreifen. Kinder zu haben ist definitiv etwas, das dein Ego verändert. Denn du bist nicht mehr allein auf dieser Welt. Andere Menschen werden nun wichtiger als du selbst. Das gibt dir eine andere Perspektive zum Leben ganz allgemein. Meine Rolle im Film hat selbst keine Kinder. Aber mit meiner Figur als Hausfreund der Familie bin ich auch ein sehr guter Freund für diesen Buben in der Story. Sogar der beste Freund, obwohl der Mann erwachsen ist. Das ist so, weil die Figur dieses Mannes im Innersten immer noch ein Kind geblieben ist. So wird meine Figur zur einzigen, die mit diesem Kind connecten kann.»
Sie spielen einen Pianisten und Komponisten, dem die Inspiration abhanden gekommen ist. Kannte Carlos Leal als Musiker der ehemaligen Hip-Hop-Band «Sens Unik» aus Lausanne auch solche Situationen?
Carlos Leal: «Alle sechs Monate. Das ist etwas, das immer wieder aufkommt im Leben eines Künstlers. Wenn ein Künstler sich herausfordern will, um zu wachsen, besser zu werden, künstlerisch, mental, intellektuell, dann wird es immer einen Moment geben, wo sich der Künstler derart stark beurteilt und in Frage stellt, dass sich eine Mauer vor ihm aufbaut. Und dann kommt das Ausbleiben der Inspiration. Sich ständig selbst zu bewerten, paralysiert dich. Du bist dann nicht mehr im Flow. Man muss frei sein, um wirklich etwas Interessantes kreieren zu können. Wenn man sich selbst fordert, ständig besser sein zu wollen, dann verletzt man sich und es stoppt die Inspiration immer wieder. Das Phänomen des ‚weissen Blatts‘, vor dem ich als Autor oder Komponist sitze. Das habe ich mehrmals in meinem Leben erfahren müssen. Als Musiker, als Schauspieler, als Fotograf. Aber das hat auch etwas Gutes. Man hat nicht nur keine Inspiration mehr. Gleichzeitig spürt man einen Drang, jetzt zu einem nächsten Level gehen zu müssen. Der nächste Schritt in der Karriere.»
Auch in der Serie «Das pralle Leben» träumen alle von einem besseren Leben. Carlos Leal ist als Sohn von spanischen Immigranten in die Schweiz gekommen, startete hier als Tiefbauzeichner, wurde Musiker und hatte mit «Sens Unik» grossen Erfolg. Dann wechselte er in das Schauspielfach und schaffte es bis in den James-Bond-Film «Casino Royal». War das ein solcher Treiber, ständig einen Schritt weiter gehen zu müssen?
Leal: «Wie meine Eltern, die in die Schweiz immigriert sind, habe auch ich ständig nach einem Eldorado gesucht. Weiter weg. Grössere Plätze, mehr Licht, grössere Möglichkeiten. Es ist die Unmöglichkeit von mir, glücklich zu sein mit dem, was ich habe. Es ist ein Problem, dass ich nicht dankbar genug sein kann mit etwas, das bereits existiert. Ich war nicht dankbar genug mit dem, was mit ‚Sens Unik‘ in der Schweiz passierte, also habe ich mich entschieden, etwas anderes zu machen. Ich zügelte nach Paris, um Schauspielunterricht zu nehmen. Dann war ich in Paris nicht dankbar genug, weil ich mit den Resultaten nicht zufrieden war. So ging ich nach Madrid. Und jetzt Los Angeles. Es ist immer diese Suche nach etwas Besserem.»
Was macht ihn zu einem derart Getriebenen?
Carlos Leal: «Zu Beginn hat mich die Ambition getrieben. Jetzt muss ich vorsichtig sein. Ich realisiere, dass die Kraft, die mich antreibt, eigentlich die Tatsache ist, dass ich vor etwas flüchten will. Das sind zwei völlig verschiedene Dinge. Eines ist, zu den Lichtern zu gehen, das andere ist wegzugehen vom Dunkel. Das ist nicht das Gleiche. Ich flüchte nicht vor etwas Schlechtem. Ich flüchte vor etwas, das gut sein könnte. Aber dieses Verhalten ist eine Wahl, die ich treffe. Es zwingt mich, ständig in Bewegung zu sein und ständig nach etwas Neuem zu suchen. Das macht mein Leben ziemlich schwierig.»
Und für seine Frau?
Carlos Leal: «Es macht das Leben auch für die Menschen um mich herum schwierig. Aber ich habe eine wunderbare Frau. Sie ist fantastisch. Sie arbeitet als Coach für Schauspieler. Das ist perfekt. Wir können oft zusammenarbeiten.»
In diesem Sinne also ein ideales Familienleben, fast besser noch als in der Serie, in der Carlos Leal soeben mitspielen durfte.