Bei der geplanten Kooperation mit Spotify verstrickt sich die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) in einen unauflösbaren Widerspruch: Denn was der Sender heute als «zweischneidiges Schwert» bezeichnet, wurde vor 2007 noch als ungewollte «Entwicklungshilfe» der SRG für private Radiosender betitelt.
Rückblende: Bis 2007 stellte die SRG den privaten Radios ihre Informationssendungen zu einem symbolischen Preis von 500 Franken zur Verfügung. Die seinerzeitige Kooperation sei aus der Idee der «Entwicklungshilfe» entstanden, befand damals SRG-Informationschef Oswald Sigg. Doch damit sollte endgültig Schluss sein: Die SRG stellte ihr «Sponsoring» der privaten Radiosender ein.
Schon in diesen Jahren ging es der SRG darum, ihre Sendungen dem lokalen Publikum bekannt zu machen und die Hörerinnen und Hörer auf die SRG-Kanäle zu locken. Und so jetzt auch bei der geplanten Kooperation mit Spotify: «Junge Leute sind teilweise nur noch auf solchen Plattformen erreichbar», sagt die SRG heute. Das klingt wie eine Bankrotterklärung für das Radio.
Waren es früher die privaten Radios, sind es heute Plattformen wie Facebook, Youtube oder vielleicht bald Spotify: Die SRG stellt ihnen ihre Inhalte kostenlos zur Verfügung. So muss die Frage des Klein Reports erlaubt sein, ob die SRG nun diesen Plattformen «Entwicklungshilfe» leistet.
Simon Denoth, SRG-Mediensprecher, unterscheidet auf Nachfrage des Klein Reports zwischen SRG-Inhalten an einen Kooperationspartner, «der diese Inhalte unter eigener publizistischer Verantwortung verbreitet», und SRG-Inhalten an «technische Plattformen», bei denen «die publizistische Verantwortung für das Angebot bei der SRG bleibt».
Dabei vergessen die SRG und Mediensprecher Denoth, dass auch hinter diesen «technischen Plattformen» gewinnorientierte Unternehmen stehen: Spotify ist nicht nur eine Technologie-Plattform, sondern ein Unternehmen mit Sitz in Stockholm, das jährlich einen Umsatz in Milliardenhöhe erzielt. Ein Unternehmen, das in Konkurrenz zu klassischen Radiosendern steht.
Und diesem Unternehmen will die SRG nun kostenlos ihre gebührenfinanzierten Inhalte zur Verfügung stellen. Inhalte, mit denen Spotify wiederum Umsatz generieren kann.
Zudem drängt sich ein weiteres Paradox auf: Als internationaler Online-Konzern ist Spotify mit Facebook, Google oder Amazon vergleichbar. Das deckt folgenden Widerspruch auf: SRG-Generaldirektor Roger de Weck rechtfertigt die gemeinschaftliche Vermarktung über Admeira regelmässig damit, dass sonst «Werbegelder ins Ausland abwandern». Bei einer Kooperation mit Spotify setzt sich nun ausgerechnet die SRG ins gleiche Boot mit dem ausländischen, notabene werbefinanzierten Unternehmen Spotify.
Aber auch dafür hat Denoth auf erneute Nachfrage eine passende Erklärung parat: «Die publizistischen Überlegungen der SRG über die Herstellung und Verbreitung von Inhalten erfolgen unabhängig von den kommerziellen Überlegungen von Admeira.» Der argumentative Widerspruch ist unübersehbar.
Gehen wir noch einmal zurück ins Jahr 2007: «Das Zeitalter des Marktes hat begonnen», meinte Oswald Sigg damals. Ist dieses Zeitalter nun ausgerechnet durch die Digitalisierung zu Ende gegangen, fragt sich der Klein Report?
Oder gibt es am Ende doch eine finanzielle Gegenleistung von Spotify bei der möglichen Partnerschaft mit SRF? «Wir prüfen zurzeit, ob und wie wir unsere Radio-Inhalte auch auf Streaming-Plattformen anbieten können, um beispielsweise die Kunden von Spotify mit SRF-Inhalten zu erreichen. Verträge sind noch nicht abgeschlossen», sagt Denoth abschliessend dazu.