Im «TalkTäglich» auf TeleZüri mit Michèle Binswanger über ihr umstrittenes Buch «Die Zuger Landammann-Affäre» passierte gegen Ende der Sendung ein grösseres Missgeschick, wenn nicht gar ein gröberer handwerklicher Fehler der Redaktion.
Die Buchautorin konnte sich am Mittwochabend im Gespräch mit Chefredaktor Oliver Steffen frei äussern. Gesprächsleiter Steffen hat im Gespräch Binswanger durchwegs Paroli geboten und dadurch für eine relativ ausgewogene Sichtweise gesorgt über den Inhalt ihres Buches.
Normalerweise werden in der Talk-Sendung die Stimmen von mehreren Zuschauern per Telefon eingespielt. Dieses Mal war es anders: Gegen Ende der Sendung bekam ein Michel Sigg das Wort – als einziger in der ganzen Sendung.
Der eingespielte Talk-Gast lobte Michèle Binswanger und den Recherchier-Journalismus, von dem es aus seiner Sicht ja nicht mehr viel in der Schweiz gebe.
Dann hat er die Buchautorin über den grünen Klee gelobt. Jolanda Spiess-Hegglin erniedrigte er verbal nicht zu knapp. Ohne darauf direkt zu reagieren, überliess Chefredaktor Steffen daraufhin Michèle Binswanger das Wort.
Die Autorin, leicht geschmeichelt, redete weiter über das «verbotene Buch», wie sie es selber nennt.
Nun muss man wissen, dass Michel Sigg aus dem Zürcher Oberland ein bekannter Frauenverachter ist, um es einmal harmlos zu sagen. Zudem äusserte er sich bereits mehrfach mit vulgären und abwertenden Aussagen gegen Spiess-Hegglin.
Sein Tun führte bereits zu mehreren Medienberichten. Mit der Gegenspielerin von Binswanger ist er seit Wochen in juristischen Auseinandersetzungen.
Mehrere schriftliche Anfragen bei TeleZüri und dem Mutterkonzern CH-Media / CH Regionalmedien AG haben zu keiner konkreten Aussage diesbezüglich geführt. Wie konnte es passieren, dass eine in diesem langwierigen Streit eindeutig parteiische Person so frei reden konnte?
«Die Sendung ‚TalkTäglich‘ schaltet seit Jahren regelmässig Zuschauende per Telefon zu, damit diese den Gästen Fragen stellen können. Äusserungen, die beleidigen, gegen Anstand und Respekt verstossen oder Personen betreffen, die nicht selber in der Sendung Stellung nehmen können, werden eingeordnet oder unterbrochen. Eine solche Einordnung gab es auch in der gestrigen Sendung», war die erste ausweichende Antwort am Donnerstagabend von Leiter PR Entertainment Joël Steiger auf Fragen des Klein Reports zu diesem eingespielten Telefon-Gast.
Auf die erneuten detaillierten Fragen antwortete Joël Steiger am Freitagmittag wieder ausweichend: «Bei den Telefonanrufen, die jeweils am Ende unserer Sendung ‚TalkTäglich‘ zugeschaltet werden, ist es für uns sehr wichtig, dass das Verhältnis von pro/contra-Meinungen möglichst ausgeglichen und vielfältig ist. Da die Sendung live ist, kann dies aus unterschiedlichen Gründen nicht immer gewährleistet werden. So erhalten wir unter anderem nicht immer gleich viele Anrufe oder einige bleiben in der vorangehenden Vorselektion durch die Redaktion hängen», wobei er mit keinem Wort auf die mysogynen Attacken einging.
Unbeantwortet blieb unter anderem die Frage, weshalb nicht erwähnt wurde, dass der Anrufer von der Justiz bereits abgemahnt worden ist. Unbeantwortet blieb auch, weshalb die Redaktion das nicht eingeordnet hat. Oder möglicherweise gar nicht abgeklärt hat?
Eine dritte schriftliche Anfrage, mit detaillierten Hinweisen an CH-Media, blieb bis Redaktionsschluss ohne Antwort.