Die Gruppe Pro Radiostudio Bern hat eine Zukunftsstrategie für das Berner Radiostudio entwickelt. Das 20-seitige Konzept, an dem etwa 25 Leute gearbeitet haben, dient auch gleich als Antrag an den Verwaltungsrat der SRG.
Die Gruppe von Angestellten des SRF-Radiostudios Bern, die sich gegen den Umzug von der Bundeshauptstadt nach Zürich wehrt, hat die Sommerzeit genutzt, um eine Zukunftsstrategie für die gefährdete Abteilung Information aufzustellen. Mit dem Konzept eines Berner Audiokompetenzzentrums will man mit Argumenten versuchen, die von der SRF- und SRG-Führung beabsichtigte Radio-Züglete zu verhindern. «Mit diesem Konzept wollen wir eine Alternative zum Umzug aufzeigen», sagt Tobias Gasser, SRF-Radiojournalist und Mitglied der Gruppe Pro Radiostudio Bern, gegenüber dem Klein Report.
Die Gruppe ist bei der Ausarbeitung ihres Konzepts in zwei Schritten vorgegangen: Erstens hat sie analysiert, was eine Verlegung des Berner Radiostudios in den neuen Zürcher Newsroom für das Medium Radio bedeuten würde. Und zweitens wurden im 20-seitigen Papier erste Grundsätze formuliert, wie eine Strategie für eine Stärkung des Radiostudios in Bern aussehen könnte.
Die Strategie für das Audiokompetenzzentrum in Bern basiert auf vier Pfeilern. Zuerst schlägt die Gruppe Pro Radiostudio Bern ein starkes Podcast- und Audio-on-Demand-Angebot vor. Die profilierten Berner Radiostimmen sollen zu politisch und wirtschaftlich relevanten nationalen und internationalen Themen Podcasts entwickeln.
Wie der «Echo der Zeit»-Produzent sagt, wolle man mit dem Ausbau des On-Demand-Podcast-Bereichs verschiedene thematisch interessierte Gruppen bedienen. «Wir wollen in diesen Casts über spezielle politische Themen diskutieren», so Gasser. So solle das ganze politische Spektrum zusammengebracht werden, das von den Radioprofis dann moderiert würde. Dabei sei man sich bewusst, dass es sich bei den einzelnen Themen vielleicht um Nischen handle. «Aber durch die Vielzahl der Themen wird es trotzdem eine Breitenwirkung geben.»
Im Berner Strategiepapier wird zweitens ein neues Morgenmagazin für das lineare Informationsprogramm vorgeschlagen. «Wir stellen uns ein Magazin vor, das sehr aktuell und politisch ist», erklärt der Produzent weiter. Bis jetzt werde die Morgen-Primetime auf SRF 1 zum Teil in Bern und in Zürich produziert. Die Info-Sendung «Heute Morgen» kommt aus Bern, während die Moderatorinnen und Moderatoren in Zürich sitzen. In Zukunft soll der gesamte Morgen mit viel Information und wenig Musik aus einem Guss daherkommen und zwar vom Standort Bern aus.
Der dritte Pfeiler des Konzepts ist die technologische Weiterentwicklung der Distributionskanäle: «Audio braucht eine konsequente technologische Weiterentwicklung.» Mit neuen Abspielgeräten wie Smartspeakers und Smartphones würden personalisierbare Streaming-Angebote möglich. Bereits wurde dazu ein Prototyp entwickelt. Es geht dabei um ein personalisiertes Radio, das man via Sprachsteuerungssysteme wie Alexa oder Google Home abrufe. «Mit der Zeit weiss das System, für welche Themen sich die Hörerin oder der Hörer interessiert», erklärt Gasser dem Klein Report.
Bei der Entwicklung dieses Prototyps waren vor allem Berner involviert. Drei Journalisten aus der Bundeshauptstadt, ein freier Programmierer aus Basel und ein Projektleiter aus Zürich.
Der vierte Vorschlag der Berner Radio-Strategie ist die multimediale Aufbereitung von Audioinhalten: Damit Radio- und Audioinhalte auch auf Webseiten und in sozialen Medien genutzt werden können, schlägt die Gruppe vor, das Radio mit visualisierten Formen und Multimedia-Elementen zu ergänzen.
Die vier Pfeiler seien sehr konkret, sagt Tobias Gasser. «Dabei muss man nicht jeden Punkt umsetzen, wir stellen diese Strategie dem Verwaltungsrat einfach zur Diskussion.» Man habe mit dem Papier zeigen wollen, wo die Journalistinnen und Journalisten in Bern heute bereits stehen und, dass sie grosse Lust hätten, die Idee des Berner Kompetenzzentrums umzusetzen. «Wir haben auch die nötige Expertise dafür», so der Journalist selbstbewusst.
«Die Gruppe Pro Radiostudio Bern ist überzeugt, dass das Radiostudio Bern weiter bestehen muss», heisst es im Strategiepapier. «Dies entspricht dem Willen vieler Stimmbürgerinnen und Stimmbürger und auch dem Grundgedanken der `idée suisse`.» Das Medium Radio und der Berner Standort sollten nicht geschwächt, sondern müssten gestärkt werden. «Denn das Medium Radio hat nicht nur eine grosse Vergangenheit und Gegenwart, sondern auch eine vielversprechende Zukunft. Dabei ist Bern für die Weiterentwicklung des Radios der ideale Standort.»
Die Gruppe Pro Radiostudio Bern stellt dem Verwaltungsrat den Antrag, dass sie auf der Grundlage des veröffentlichten Strategiepapiers den offiziellen Auftrag erhält, ein detailliertes Konzept auszuarbeiten, wie das Studio Bern zu einem Audiokompetenzzentrum weiterentwickelt werden könnte.