Content:

Montag
20.02.2023

Medien / Publizistik

Langsam kommt Licht ins Dunkel über die Vorkommnisse und den Führungsstil im Hause Tamedia...            (Bild: 20 Minuten)

Langsam kommt Licht ins Dunkel über die Vorkommnisse und den Führungsstil im Hause Tamedia... (Bild: 20 Minuten)

Bei der Geschäftsleitung der Tamedia ist ein neuer Protestbrief eingetroffen.

Wie die Republik in ihrem Wochenend-Newsletter am Samstag publik gemacht hat, kritisiert im Nachgang zu den Anschuldigungen von Anuschka Roshani im «Spiegel» nun auch die Redaktion der «Schweizer Familie» den Umgang bei Tamedia mit Mobbing, Sexismus und Diskriminierung.

Ein Grossteil der Angestellten hätte letzte Woche unterschrieben, heisst es im Newsletter der Republik.

Bereits im März 2021 kritisierten 78 Frauen aus verschiedenen Tamedia-Redaktionen in einem Brief an die Chefetage das männerdominierte, frauendiskriminierende Betriebsklima. Wie eine Auswertung der Republik zeigt, arbeiten heute ein Drittel der Unterzeichnerinnen nicht mehr bei Tamedia. «22 wechselten den Arbeitgeber, 4 verliessen die Branche gleich komplett – und arbeiten heute als Mediensprecherin, Coach oder in der Wissenschaft», listet die Republik auf.

Das Portal habe dazu mit über einem Dutzend aktuellen und ehemaligen Tamedia-Mitarbeitenden gesprochen, schreiben die Autoren Dennis Bühler und Boas Ruh.

Von einer, die dem Journalismus schon vor dem Protestbrief resigniert den Rücken gekehrt hat, wird im Artikel die Anschuldigung zitiert, Tamedia habe sich «keinen Deut» um die zahlreichen Abgänge der Journalistinnen geschert.

Bei Nachfragen, wieso sich bei Tamedia in dieser Hinsicht nichts geändert habe, «falle im Gespräch häufig ein Name: Arthur Rutishauser», schreibt die Republik. Dieser darf im Artikel widersprechen: «Arbeitskonflikte bin ich immer angegangen und habe möglichst unaufgeregt nach guten Lösungen gesucht.»

Ein Mann, der viele Jahre dem Tamedia-Kader angehörte, meint im Artikel der Republik hingegen: «Arthur hat für solche Themen keinerlei Sensibilitäten.»

Dieser Vorwurf wird im Text gleich mit mehreren Beispielen untermauert.

Eine aktuelle Tamedia-Redaktorin wird im Newsletter zitiert: «Ich habe keine individuelle Unterstützung erhalten oder gespürt, nachdem ich mich über meine Vorgesetzten beschwert hatte. Es blieb das Gefühl, dass das HR mehr hätte tun können, beziehungsweise mehr hätte tun müssen.»

Zu lesen ist auch: «Die Führung übersah diese Alarmzeichen und blieb untätig.»

Hervorgeholt wird auch noch ein Bericht aus dem Branchen-Magazin «Schweizer Journalist» aus dem Jahre 2013. Neben viel Lob für seine Fähigkeiten als Rechercheur und seinen Fleiss hiess es schon damals über den Führungsstil von Rutishauser: «Andere Eigenschaften, die ein Chefredaktor einer Sonntagszeitung mitbringen sollte, scheinen bei ihm dafür eher unterentwickelt.» Rutishauser gelte als «eher introvertiert und nicht sehr kommunikativ». Und: «Vermisst wird bei ihm genügend Sozialkompetenz.»

Ganz anders als die Belegschaft beurteilt Tamedia-Verwaltungsratspräsident Pietro Supino das Schaffen Rutishausers. «Er ist ein hervorragender Chefredaktor – als Journalist und als Führungskraft», sagte er 2019 im «Schweizer Journalist».

Heute will sich Tamedia nur allgemein zu den Vorwürfen äussern. Die Medienstelle habe der Republik auf Anfrage geschrieben: «Respekt, Wertschätzung und eine darauf beruhende Führungskultur sind essentielle Prinzipien von Tamedia. Unaufgeklärte Vorkommnisse arbeiten wir unverzüglich auf.»