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Sonntag
04.07.2021

TV / Radio

Gemäss Ombudsstelle wird der Nahost-Konflikt «erst recht angeheizt», wenn das von beiden Seiten als Hauptstadt beanspruchte Jerusalem als Hauptstadt Israels genannt wird... (© Bild: SRG-Ombudsstelle)

Gemäss Ombudsstelle wird der Nahost-Konflikt «erst recht angeheizt», wenn das von beiden Seiten als Hauptstadt beanspruchte Jerusalem als Hauptstadt Israels genannt wird... (© Bild: SRG-Ombudsstelle)

In einem «10vor10»-Beitrag zu den jüngsten Entwicklungen des Israel-Palästina-Konflikts ist der Redaktion ein grober Fauxpas unterlaufen: Jerusalem wurde als «Israels Hauptstadt» deklariert. Bei der Nachrichtensendung des Schweizerischen Radio und Fernsehens (SRF) flatterte daraufhin eine Beschwerde ein. Diese wurde nun von der Ombudsstelle gutgeheissen.

In der Sendung vom 11. Mai hiess es konkret: «Nach israelischen Angaben kamen durch den Beschuss seit gestern drei Personen ums Leben, darunter eine 80-jährige Frau. Zehn wurden verletzt. Hauptziel der Raketen waren südisraelische Küstenstädte. In einigen Fällen flogen Raketen erstmals seit 2014 aber auch in Richtung von Israels Hauptstadt Jerusalem.» Und der letzte Satz hat es in sich.

Wer die Politik verfolgt, erinnert sich an den medialen Aufschrei und die starke internationale Kritik am ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, der 2017 Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannte. Der Status Jerusalems ist eine der strittigsten Fragen des Nahost-Konflikts, weswegen auch die Schweiz, um einen möglichen Frieden nicht zu erschweren, Jerusalem nicht als Hauptstadt anerkannt hat.

So hiess es auch in der Beanstandung: «Die Schweiz hat gemäss EDA-Website Jerusalem nicht als die Hauptstadt Israels anerkannt. Ich bitte Sie um eine Richtigstellung.» In der darauffolgenden Stellungnahme zeigte sich die Redaktion von «10vor10» jedoch uneinsichtig: Die Bezeichnung Jerusalems als «Israels Hauptstadt» sei im konkreten Kontext zulässig gewesen.

Begründet wird dies unter anderem damit, dass für Israel selbst Jerusalem die Hauptstadt ist und dass in Nachschlagewerken wie dem Duden oder dem Brockhaus Jerusalem als Hauptstadt bezeichnet wird. Zudem seien die aktuellen Ereignisse des Nahostkonflikts im Vordergrund gestanden und nicht der Status von Jerusalem. So hätte dieser keinen «wesentlichen Einfluss auf den Gesamteindruck der Berichterstattung» gehabt.

Anders sehen dies Kurt Schöbi und Esther Girsberger von der SRG-Ombudsstelle: Für sie war es «nicht unerheblich, wenn in einem Bericht über den wieder ausgebrochenen Krieg zwischen den Palästinensern und Israel von Jerusalem als Hauptstadt gesprochen wird.» Denn, wie sämtliche Nationen betonen, würde durch solch eine Deklaration die Chancen für einen Frieden im Nahen Osten erst recht erschwert werden.

Und zudem: Wenn das von beiden Seiten als Hauptstadt beanspruchte Jerusalem als Hauptstadt Israels genannt wird, werde «der Konflikt erst recht angeheizt». Deswegen schloss die Ombudsstelle: «Die Meinungsbildung wird dadurch einseitig beeinflusst, sodass die Sachgerechtigkeit gemäss Art. 4 Abs. 2 des Radio- und Fernsehgesetzes verletzt worden ist.»